Der endgültige Entwurf für den neuen Jugendmedienschutz-Staatsvertrag soll am 25. März 2010 bei der Konferenz der Regierungschefs der Länder zur Verabschiedung vorgelegt werden. Der Staatsvertrag wird durch die Landesregierungen unter Umgehung der Landesparlamente ausgehandelt. Die Landesparlamente müssen zwar diesen Vertrag noch in Landesrecht umwandeln, haben aber dabei keine Gestaltungsmöglichkeiten mehr, sondern können ihn nur noch abnicken.
Vorabinfo: Auf dem Markt in Zittau plant der Kreisverband der Piratenpartei am Dienstag 16.03.10 eine Demo gegen den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag. Zur selben Zeit sind landesweit Demonstrationen angesagt.
Was steht drin?
§5 (2): Internetangebote, die Kinder oder Jugendliche in ihrer Entwicklung zu eigenverantwortlichen gemeinschaftsfähigen Persönlichkeiten beeinträchtigen, sollen künftig nach Altersstufen 6/12/16/18 durch behördlich anerkannten Stellen (Jugendschutämtern) gekennzeichnet werden.
Meine Meinung:
- Die zuständigen Jugendschutzämter sind heute schon unterbesetzt und sollten nicht mit noch mehr Verwaltungsaufwand beladen werden.
- Die inhaltliche und die rechtliche Bewertung von Internetangeboten ist aufgrund der Komplexität und Dynamik des Systems Internet illusorisch. Blogger wären dann beispielsweise angehalten jeden ihrer Beiträge von den Jugendämtern hinsichtlich der Altersfreigabe prüfen zu lassen. Ungeprüfte Webseiten werden dann aber gefiltert und sind für Jugendlichen, sofern ihre Eltern überhaupt auf eine solche Filtersoftware setzen, nicht mehr abrufbar. Dies beträfe dann wahrscheinlich 99,9 % des WWWs.
- Ein Kennzeichnung aller nicht jugendgerechten Inhalte ist technisch und logistisch nicht möglich (Stichwort Mit_Mach_Netz, DynDNS, Opera Unity)
§5 (4): Anbieter solcher Inhalte sollen künftig Kindern und Jugendlichen den Zugang zu ihren Seiten verhindern oder “wesentlich erschweren”.
Meine Meinung:
- Wie möchte man ausländischen Anbietern dazu bewegen? Dazu existiert keine internationale Rechtsgrundlage.
Alternativ kann auch der Zugriff auf diese Inhalte auf jene Tageszeiten beschränkt werden, an denen Kinder “üblicherweise” keinen Zugriff darauf haben. Letztere Verpflichtung sei erfüllt, wenn entsprechende Angebote nur zwischen 23 und 6 Uhr aufrufbar sind. Falls nur Jugendliche unter 16 Jahren durch die Inhalte gefährdet sein sollten, genügt die Abschaltung zwischen 6 und 22 Uhr.
Meine Meinung:
- Internet ist kein Rundfunk und kann auch so nicht behandelt werden, so ist auch das System der Sendezeiten nicht übertragbar und würde zur Verlagerung der Anbieter ins Ausland führen. Global gesehen ist immer irgendwo 23 Uhr.
Defizite im Jugenschutz
Ein größeres Problem für den Jugendschutz in Deutschland sind die sogenannten “Snuff-Videos”, die von Jugendlichen per Handy verbreitet werden, oder auch die sogenannten “Schulfhof-CDs” von Extremisten. Diese Beispiele zeigen, dass auch ohne Internet Jugendgefährdende Medien verbreitet werden.
Jugendmedienschutz erreicht man nicht mit Gesetzen, sondern mit der Bildung und Förderung von Medienkompetenz im Elternhaus und in der Schule.
Wo bleibt die Jugendarbeit?
Die Sächsische Staatsregierung streicht in allen Ressorts 25% – auch in der Jugendarbeit:
- Die Senkung der Jugendpauschale von 14,30 Euro auf 10,40 Euro und damit umfangreiche Kürzungen bei den örtlichen Angeboten.
- Die Kürzung der Zuweisungen für die überörtlichen Angebote von 3.955,9 auf 3.350,0 Mio Euro
- Die Kürzung der Förderung von freiwilligen Diensten: Von 2.119,4 auf 1.634,0. So soll es ab dem 1.9.2010 nurnoch 500 statt derzeit 1111 FSJ-Stellen (inkl. FÖJ) geben
Wie wäre es mit mehr Lehrern?
Laut einer Erhebung des Zentrums für Lehrerbildung, Schul- und Berufsbildungsforschung (ZLSB) fehlen bereits für das laufende Wintersemester knapp 1000 Lehramtsstudenten an den sächsischen Hochschulen. Laut der Staatsministerin a.D. Eva-Maria Stange werden derzeit in Sachsen maximal 600 Pädagogen pro Jahr ausgebildet, der zukünftige Bedarf liege aber bei 1000 bis 1500.