DataViz: Altersstruktur der auf dem Jüdischen Friedhof Görlitz beigesetzten KZ-Häftlinge

Eigentlich hatte ich mir vorgenommen mich weiter in R einzuarbeiten, doch so manches webbasiertes Visualisierungswerkzeug macht auf den ersten Klick mehr her. Ausgehend von einem Datensatz der Friedhofsverwaltung Görlitz über die 1944 und 1945 im dortigen Krematorium eingeäscherten Häftlinge der KZ-Außenlager Görlitz, Bautzen, Niesky und Hartmannsdorf habe ich die Lager mit dem erreichten Lebensalter als Parallel Set dargestellt.

Parallel Sets bieten sich insbesondere dann an, wenn mehrere Fraktionen von Mengen betrachtet werden sollen. Ergänze ließe sich das Bild beispielsweise um den Monat, in dem der Gefangene ums Leben kam:

Hieraus kann man gut erkennen, in welchen Monaten Gefangene aus welchen Lagern zu Tode kamen. Das Lebensalter der Nieskyer Hartmannsdorfer Häftlinge fast ausschließlich oberhalb von 36 Jahren. Im Januar 1945 starben im Görlitzer KZ-Lager also vermehrt Häftlinge jüngeren Alters. Aus dieser Darstellungsform ergeben sich also eine ganze Reihe von Ableitungen und Fragestellungen, die mir vorher anhand der Listen und simplen 2D-Graphen nicht bewusst geworden sind.

OpenData: Datenbefreien im Sächsichen Landtag

Das elektronische Datenarchiv des Sächsischen Landtags lässt viele Wünsche offen. Auf den ersten Blick wirkt die Webseite langsam und schwerfällig. Möchte man strukturierte Daten für weitere Auswertungen, sucht man vergebens. Versucht man den Inhalt des Archivs via Suchmaschinen zu finden, kommen keine Treffer. Möchte man per RSS Feed am Ball bleiben, so ist dort keine Möglichkeit. Die Krönung des ungenügenden Datenhändlings sind die dort zu findenden eingescannten WORD- oder PDF-Dokumente, maschinenunlesbar³ und papierzeitlich⁶.

Ein kleines und erstes Hintertürchen öffnete sich mir beim Stöbern mit dem Firebug. Möchte man die aktuellen “Kleinen Anfragen” der Landtagsabgeordneten schön sauber als XML beziehen, bietet sich folgende URL an:
edas.landtag.sachsen.de/parlamentsdokumentation/parlamentsarchiv/xmlexport.aspx?refferer=&VolltextSuche=ESF&von=1&bis=33&format=xml

Wichtig sind die Parameter:

  • &VolltextSuche=     … hier könnte ein Suchbegriff stehen
  • &von=1      ……. der erste Datensatz ist der aktuellste
  • &bis=33  …….. Anzahl der Treffer
  • &format=xml    ………… klar, das XML-Format als Ausgabe

Das Resultat sieht dann in etwa so aus:

Welche anderen Datensätze die Suchmaske noch ausgibt und wie man das Zeug dann sinnvoll verwertet, zeige ich beim nächsten mal.

Landtag
Auf den Seiten des Landtags finden sich mehrer RSS-Feeds.

2. Auflage: Die KZ-Außenlager Görlitz und Rennersdorf

Heute vor 67 Jahren wurde das KZ-Außenlager Görlitz durch Soldaten der Roten Armee befreit. Anläßlich dieses Jahrestages möchte ich die zweite, überarbeitete Auflage meines Buches “Die KZ-Außenlager Görlitz und Rennersdorf” an dieser Stelle veröffentlichen.


Offiziere und Soldaten der Roten Armee, kurz nach der Befreiung des Lagers.

Anliegen des Buches ist es, die Gräuel des NS-Terrors jenseits von Buchwald und Auschwitz anhand der Erscheinung der KZ-Außenlager Görlitz und Rennersdorf exemplarisch zu vergegenwärtigen. Wer etwas über den Holocaust erfahren will, braucht nicht unbedingt in eine der bekannten KZ-Gedenkstätten fahren, wenn sich dutzende stille und unscheinbare Erinnerungs- und Gedenkorte in unmittelbarer Nachbarschaft befinden. Die in diesem Werk dokumentierten Geschehnisse leisten einen Beitrag für eine regionale und öffentliche Auseinandersetzung mit den zurückliegenden Diktaturen im Sinne einer zeitgemäßen Erinnerungsarbeit. Nicht zuletzt, um fremdenfeindlichen Tendenzen in der Oberlausitz entgegenzuwirken und den europäischen Dialog zu fördern.

DOWNLOAD (133 MB)

Für die Herausgabe einer zweiten Auflage habe ich zwei Gründe. Erstens waren die 500 Exemplare der ersten Auflage im Neisse Verlag innerhalb von neun Monaten beim Verlag vergriffen und zweitens erlangte ich durch Leserbriefe, Rezensionen und nicht zuletzt durch die Auszeichnung mit dem Sächsischen Landespreis für Heimatforschung (Jugendpreis) vielfache Hinweise, das bestehende Werke zu verbessern und gewisse Abschnitte zu vertiefen.
Um die Verfügbarkeit künftig länger aufrecht zu erhalten, habe ich mich bewusst für eine digitale Publikation unter der freien Lizenz von Creative Commons entschieden. Neue Erkenntnisse sollen somit schneller zum Leser gelangen

Eine Übersicht über die Änderungen dieser Version sind im changelog verzeichnet.

Wikipedia Academy in Eigenregie

Die auf der letzten Wikimania (2011) vorgestellte Initiative der Wikipedia Academy zielt darauf, Studierende Wikipedia-Artikel verfassen zu lassen. Die aus Haifa/Israel mitgebrachte Idee hielt ich für nachahmenswert. Eine erste Gelegenheit zur Erprobung des Lehrkonzepts hat sich im Rahmen der Lehrveranstaltung “Lehren und Lernen mit Neuen Medien” ergeben. Teilnehmende waren Doktoranden aus den Bereichen Wirtschaftswissenschaft, Informatik und Maschinenbau des Internationalen Hochschulinstitut Zittau. Die Veranstaltung lief über drei Tage und wurde durch ein Medienpraktikum komplettiert.
Eine Aufgabe im Praktikum bestand darin, einen ungenügenden oder noch nicht vorhandenen Artikel in der Wikipedia zu identifizieren und diesen dann zu verbessern bzw. ihn überhaupt erst einmal zu schreiben. Thematisch habe ich das Themenspektrum auf Lernen mit Neue Medien eingegrenzt.

Meine anfängliche Vermutung, Artikel aus diesem Themenbereich wären besonders fundiert, hatte sich bereits in der Vorbereitung des Seminars zerschlagen. Das Gegenteil war der Fall. In Bezug auf die pädagogischen Psychologie sowie Bildungstechnologien mangelte es an basalen Begriffen (z.B. Kompetenz) und verbreiteten Technologien (hier in Sachsen z.B: OPAL als Lernmanagementsystem).
Sechs der 15 Seminarteilnehmer fügten der Enzyklopädie einen neuen Artikel hinzu, wobei es oftmals eine englischsprache Vorlage gab. Alle übrigen machten sich an die nicht minder schwere Aufgabe, einen vorhandenen Artikel auf seine Schwächen hin zu analysieren und strukturell sowie inhaltlich zu verbessern.
Als besonders gelungene Artikel möchte ich folgende Beiträge hervorheben:

Als besonders beliebt erwiesen sich unter den Teilnehmer Artikel zu Service-Produkten im E-Learning (Khan Academy, Connexion, iTunes U, OpenLearn, OpenCoursWare …). Auch wenn diese Dienste während der Veranstaltung eine gewisse Beachtung fanden, hätte ich eine geringere Resonanz erwartet. Immerhin bewegen sich die Artikel oft haarscharf an der Grenze zur Werbung für die entsprechenden Angebote. Prinzipiell muss man sich fragen, in wie man man sie als relevant ansehen kann.

Als Herausforderung im Rahmen des Themengebietes begriff ich neben den drei bereits erwähnten, die Artikel über das Peer Assessment und Kognitivismus.

In den Ergebnissen traten dann auch so manche Defizite im Umgang mit der Wikipedia und seiner Gemeinschaft zu Tage. Zum einen betraf dies die Einbindung von anderen Medien (Bilder, Videos, …). Angesichts der text-dominierten Wissensgesellschaft war dies zu erwarten. Die mangelnde Repräsentanz von Videos ist in der Wikipedia seit langem bekannt. Betreffs der Gemeinschaft der Wikipedianer (einschließlich ihrer Bots) sorgten die Schutzvorrichtungen vor Vandalismus für die meisten Irritationen unter den Teilnehmern. So warteten neue Artikel wochenlang auf eine Markierung durch einen Admin. Auch die Vertrauens-Mechanismen, etwa bei der Verschiebung von Artikel durch neue Benutzer, behinderte die Arbeit. Fast Gänzlich ungenutzt blieben die Diskussionsseiten – leider in einem Falls auch dann, als eine halber Beitrag von einem anderen Wikipedianer gelöscht wurde. Als betreuender Dozent habe ich mich in solchen Fällen weitestgehend zurückgehalten, um keine Verzerrungen gegenüber den realen Konflikten und Problemen zu bewirken. Einzig ein Nagtivfeedback im Sinner der wikipedianischen Diskussionskultur hinterließ ich auf den Diskussionsseiten. Lob und Wertschätzung floßen auf anderen Kanälen.

Die von der Wikipedia empfohlene Vorgehensweise konnte ich nur bedingt anwenden:

  1. Am­bas­sa­dor Training => die Trainings konnten nicht leider nicht als virtuelle Lerhveranstaltungen angeboten werden
  2. Pla­nung (Am­bas­sa­dor + Dozent) => war aus zeitgründen unmöglich
  3. Ein­füh­rung in der Lehr­ver­an­stal­tung (Ge­brauch der Wi­ki­pe­dia / best practice) => 15 min + Selbststudium
  4. Ana­lyse exis­tie­ren­der Wikipedia-Artikel zur Iden­ti­fi­ka­tion feh­len­der oder un­voll­stän­di­ger Informationen => Mitteilung per E-Mail
  5. Re­se­arch: Literaturrecherche => eigenständig
  6. Schrei­ben: ein­zeln oder als Gruppe meh­re­rer Studierender => binnen eines Monats
  7. Eva­lua­tion: ver­fas­sen eine re­flek­ti­ven Ar­ti­kel buw. ei­ner Prä­sen­ta­tion über den Ent­ste­hungs­pro­zes­ses des Wikipedia-Artikels in der Lehrveranstaltung. => in der Blockveranstaltung war dies im Nachhinein nicht möglich

Als Fazit kann ich festhalten, dass sich die Erprobung der Wikipedia Academy auch in Eigenregie lohnt. Der Gewinn an Erfahrungen mit der Wikipedia dürfte auf beiden Seiten nicht unerheblich gewesen sein. Meine Hoffnung besteht nun darin, dass die Teilnehmer, aber auch einige Kollegen dieses Lehrszenario in ihrer eigenen Lehre anwenden und somit einen kleinen Beitrag für die Wissensallmende leisten, anstatt wie bisher Seminararbeiten für den Papierkorb oder das persönliche Datenarchive schreiben zu lassen. In Hinblick auf die erzielte Qualität besteht sicher noch keine Vergleichbarkeit mit wissenschaftlichen Enzyklopädien. Doch immerhin eröffnen die in diesem Seminar bearbeiteten Artikel die Chance künftigen noch weiter verbessert zu werden.