Die Jüdische Kultusgemeinde zu Görlitz 1946

Es ist noch gar nicht so lange her, da entbrannt in Görlitz eine Streit über die erneute Nutzung der Synagoge als Gotteshaus. Eine Gruppe von Görlitzern wollte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und der Überwindung zweier Diktaturen wieder eine Jüdische Gemeinde Gründen. Damals glaubte man, dass sich nach 1945 nie wieder eine Gemeinde in der Stadt gebildet hatte. Diese Ansicht kann ich nun anhand von Archivmaterialen des International Tracing Service in Bad Arolsen widerlegen.

Meine Recherchen im Dezember 2013 brachten drei Listen [4] zutage, auf denen 22 Name von Mitgliedern der „Judischen Kultusgemeine Görlitz“ verzeichnet sind. Die Liste umfasst 15 Männer und sieben Frauen im Alter von 22 bis 86 Jahren. Fünf von ihnen sind gebürtige Görlitzer, die größte Gruppe (8) stammt jedoch aus Breslau. In einer der Listen ist explizit angegeben, dass 16 Personen Überlebende von Konzentrationslagern („K.Z.“) sind. Mindestens vier von ihnen waren im KZ-Außenlager Görlitz (Moses Mandelbaum, Paul Levy, Leo(n) Hecht, Janusch Oborowitz). Drei Personen, darunter die zwei Görlitzer Jakob Abramowitz und Anneliese Getzel sind als „Sternträger“ bezeichnet. Anneliese Getzels Mann Heinrich wäre der vierte Sternträger gewesen, wenn er nicht „auf dem Weg zur Heimat“ verstörben wäre. Drei weitere Personen werden als „Sonstige“ klassifiziert.

Copy of Doc. No. 78785299#1 (3.1.1.3/0001-0197/0077/0065) in conformity with the ITS Archives, 16.12.2013, Archivnummer: 5013

Die Wohnadressen der Gemeindemitglieder

Interessant sind auch die Adressangaben, die alle im Westteil der Stadt zu verorten sind. Die Breitscheidstraße und die Schulstraße konnte ich bisweilen noch nicht in Görlitz ausfindig machen. Es könnte sein, dass diese mit Löbau und Zittau in Zusammenhang stehen und die betreffenden Personen nach Görlitz reisten.

Bereits bekannte Gemeindemitglieder

Janush Oborowitz war ein ehemaliger Häftling des KZ-Außenler Görlitz. Er lebte mindestens bis 1948 in Görlitz, da er im gleichen Jahr als Zeuge im Prozess gegen den Görlitzer Oberbürgermeister Meinshausen und NSDAP-Kreisleiter Malitz aussagte.

Dieses Foto zeigt vermutlich Janusch Oborowitz auf der Zeugenbank im Malitz-Meinshausen-Prozess in der Görlitzer Stadthalle

Anneliese Getzel war laut Kabus [1] mit dem jüdischen Notar Heinrich Getzel verheiratet. Beide lebten angeblich bis 1944 gemeinsam in Göritz. Nach dem sie 1944 von der Gestapo aus ihrer Wohnung verwiesen wurden, kamen sie beim Rechtsanawalt und Notar Dr. Walter Schade unter. Schade vertrat nach Getzels Berufsverbot Görlitzer Juden in Rechtsangelegenheiten und wurde deshalb von den Nazis als »Judenanwalt« bezeichnet. Er half auch anderen Görlitzer Juden und müsste vielleicht auch als einer der „Gerechten unter den Völkern“ geehrt werden.

Hans Hiller War laut Roland Otto im Ghetto Tormersdorf, 15 km nördlich von Görlitz zur Zwangsarbeit verpflichtet worden [3].

Jakob Abramowitz führte laut dem Görlitz Adressbuch von 1912/13 ein Herren- und Knaben-Garderoben-Geschäft am Obermarkt 18. Im Jahre 1946 war er 86 Jahre alt und das älteste Mitglied der Gemeinde.

Ida Biederstädt wohnte einst auf der Bautznerstr. 1 . Ihre Familie war mindestens seit 1913 in Görlitz ansässig.

Offene Fragen

  • Haben sich die 1946 in Görlitz lebenden Juden wirklich als eine Gemeinde angesehen und gemeinsam ihren Glauben gelebt?
  • Haben die Gemeindemitglieder die Synagoge nutzen können?
  • Wie lange verblieben die zugezogenen Juden in Görlitz? Kann man im Einwohnermeldeamt weitere Informationen über sie in Erfahrung bringen?
  • Wo finden sich weitere Informationen über Dr. Walter Schade und die Getzels?

Literatur

[1] Ronny Kabus (2011): “… weine ich täglich um meinen Vater”: In der Gewalt Stalins und der SED. Books on Demand.

[2] Judenarbeitslager Tormersdorf

[3] Roland Otto: „Die Verfolgung der Juden in Görlitz unter der faschistischen Diktatur 1933–1945“. Stadtverwaltung Görlitz (Hrsg.). Görlitz 1990.

[4] Originalquellen der drei Listen der Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Görlitz (1946) sowie ein Verzeichnis der extrahierten Personen. ITS Bad Arolsen.

Mendeley Analytics – part 2

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startnext: Terezin explained

Der NS-Propagandafilm „Theresienstadt: Eine Dokumentation aus dem jüdischen Siedlungsgebiet“(1944) ist das einzige erhaltene filmische Dokument aus einem Konzentrationslager. Wir, d.h. Armin von der Hillerschen Villa (Zittau) und ich (eScience Sachsen / Medienzentrum, TU Dresden) haben uns zum Ziel gesetzt diesen Film für den Einsatz als Lernmedium zu kommentieren und historisch einzuordnen. Durch eine Anreicherung mit geographischen und biografischen Informationen möchten wir eine tiefgründigere Auseinandersetzung mit dem Film ermöglichen und dabei die propagandistischen Wesensmerkmale kennzeichnen.

Die Mittel für die Aufbereitung des Films sind gesichert. Auf der crowdfunding Plattform startnext suchen wir seit heute nach Unterstützern, die uns helfen die Digitalisierung beim Bundesarchiv und damit die Grundlage des Projekts zu finanzieren: http://www.startnext.de/de/theresienstadt-explained

„Terezin explained“ steht bei Startnext in den Startlöchern

Derzeit haben wir nur noch 18, 11 4 die Mindstanzahl an Fans erreicht, damit das Crowdfunding für die Digitalisierung des Theresienstadter Filmdokuments bei startnext losgehen kann. Siehe funding page.

Der NS-Propagandafilm „Theresienstadt: Eine Dokumentation aus dem jüdischen Siedlungsgebiet“(1944) ist das einzige erhaltene filmische Dokument aus einem Konzentrationslager. Wir wollen diesen Film für den Einsatz als Lernmedium kommentieren und historisch einordnen. Durch eine Anreicherung mit geographischen und biografischen Informationen möchten wir eine tiefgründigere Auseinandersetzung mit dem Film ermöglichen und dabei die propagandistischen Wesensmerkmale kennzeichnen.

Verzeichnis der 1941/42 im Ghetto Tormersdorf bei Rothenburg/OL verstorbenen Juden

Eine beläufige Entdeckung machte ich kürzlich bei einem Besuch beim International Tracing Service in Bad Arolsen. Unter der  Doc. No. 11199763#1 (1.2.1.1/0001-0060/0022C/0005), Archivnummer: 5013 findet sich ein Artikel von Bernhard Brilling mit dem Titel »Die Evakuierung. Die Evakuierung der Breslauer Juden nach Tormersdorf bei Görlitz Kreis Rothenburg, Oberlausitz, 1941|42«. Im Anhang dieses Artikels ist eine Liste der im Ghetto Tormersdorf ums Leben gekommenen Juden zu finden.

Der verwaiste Friedhofe im verwaisten Tormersdorf.

Ich hatte bereits vor einiger Zeit über eine Ortsbegehung in Tormersdorf berichtet und auf den schier unkenntlichen Friedhof im heute nicht mehr bewohnten Dorf rechts der Neiße hingewiesen. Die in der Litse genannten Toten dürften dort alle begraben liegen. Wo genau sich die Gräber befinden ist unklar.

Die Liste derjenigen Toten, deren Sterbeurkunden im Standesamt Rothenburg zu finden sind.

 

Tag-Nacht-Zeit: Wenn die Uhr nach der Sonne tickt

Dieser Tage freut man sich, dass die Tage zunehmend wieder länger werden. Man erlebt kurze Tage, die nur für wenige Stunden mit Sonnenlicht erfüllt sind und gut doppelt so lange Nächte. Dabei entfernt sich die aufgrund der Beleuchtungszeit wahrgenommene natürliche Zeit von der tatsächlichen, d.h. physikalischen Zeit. Dieser Effekt ist jeweils an den Sonnenwenden am deutlichsten und zur Tag-Nacht-Gleiche nicht mehr zu spüren.

Die Idee der Tag-Nacht-Zeit (TNZ)

Würde man jedoch annehmen, dass ein Tag laut Uhrzeit genau so lange dauert wie ein Nacht, ergibt sich eine Uhr die um die Wintersonnenwende tagsüber langsamer und nachts schneller läuft. Zur Sommensonnenwende verhält sich die Uhr genau andersherum: Nachts läuft die Uhr schneller als tagsüber.

Im Winter würde sich damit die (reale, physikalische) Arbeitszeit verkürzen und im Sommer verlängern. Während man an den hellen Tagen im Sommer weniger Zeit zum Ruhen bekäme, hätte man im Winter um so mehr.  Über das Jahr hinweg wäre die Bilanz gegenüber einer konstanten physikalischen Zeitmessung ausgeglichen.

Die resultierende Varianz in der Dauer einer Sekunde ist akzeptierbar, bedenkt man die subjektive Wahrnehmung der Zeit ohne den Abgleich mit einen Zeitmesser (Uhr).

Wie berechnet man die Tag-Nacht-Zeit?

Eine Uhr dieser Art funktioniert folgender Maßen:

  1. Ermittlung der Sonnenauf- und untergangszeiten
  2. Tags multipliziert man die Sekunden seit Sonnenaufgang mit dem Verhältnis aus 12 Stunden und der tatsächlichen Dauer des Tages, und addiert es zur Sonnenaufgangszeit.
  3. Abends, d.h. nach Sonnenuntergang, multipliziert man die Sekunden seit Sonnenuntergang mit dem Verhältnis aus 12 Stunden und der tatsächuchen Dauer der Nacht (24h – Tagdauer) und addiert sie zur Sonnenuntergangszeit.
  4. Morgens, d.h. vor Sonnenaufgang, multipliziert man die Sekunden seit Mitternacht mit dem Verhältnis aus 12 Stunden und der tatsächuchen Dauer der Nacht (24h – Tagdauer).

Die obige Formel weist noch einige Ungenauigkeiten, aufgrund der konstanten Faktoren auf. Um an den Übergängen von Tag- und Nachtzeit keine Brüche oder Überschneidungen zu erhalten, kann man statt der konstanten Faktoren auf ein Polynom zurückgreifen, dessen Nullpunkte den Sonnenauf- und Untergangszeiten entsprechen.

Diskussion

Weichen die persönlichen Schlafgewohnheiten von den gesellschaftlich, z.B. durch festgelegte Arbeitszeiten, vorgegebenen Tagesrhythmus zu stark ab, kommt es zu einem sozialen Jetleg. Jemand, der von sich aus dazu neigt sehr spät ins Bett zu gehen und demzufolge morgens länger schlafen würden, fehlt es u.U. an Schlaf, wenn er sehr früh zur Arbeit gehen muss. Im Hinblick auf den individuellen Biorhythmus des Menschen und die damit zusammenhängende Gleichverteilung der Schlafmitte (Mitte zwischen der Einschlaf- und Aufwachzeit) bringt die TNZ keinen Vorteil, um den sozialen Jetleg auszugleichen. Das Problem des sozialen Jetleg kann also nicht durch eine bestimmte Zeitrechnung, sondern lediglich durch gesellschaftliche Änderung (z.B. flexible Arbeitszeiten) gelöst werden.

Der Vorteil der TNZ besteht einzig darin, dass man an langen Tag aktiver ist als an kurzen Tagen und somit seine Hauptaktivität um die Sommersonnenwende konzentriert, während man im Winter vermehrt in den Winterruhemodus findet. Im Kirchenjahr ist dies zumindest in der Adventszeit auch so vorgesehen.

In wie weit die Idee einer TNZ praktisch umsetzbar ist, bedarf eines Selbstversuchs. Eine App könnte einem Helfen die TNZ nicht aus den Augen zu verlieren. Unabhängig von einem Selbstversuch sind sind Synchronisationsprobleme mit der sozialen Umwelt vorprogrammiert. Dennoch ist die TNZ ein interessantes Gedankenexperiment für eine dynamischere, vom Licht abhängige Tagesgestaltung.

 

Workshop: Neue Lehre für Neue Medien

Am Freitag veranstalteten wir an der TU Chemnitz den ersten Teil unseres Workshops „Neue Lehre für Neue Medien“. Wir, das sind drei Mediendidaktiker des sächsischen Verbundprojekts „Lehrpraxis im Transfer“, welches durch das Hochschuldidaktische Zentrum Sachsen koordiniert wird. Der Workshop ist deshalb auch Bestandteil des aktuellen Kursprogramms.

Unser Ziel bestand darin, den Teilnehmern Beispiele erfolgreicher mediengestützter Lehr-Lern-Szenarien vorzustellen, die sie direkt für ihre Lehre adaptieren können. Die Neuen Medien sollen dabei keinen Selbstzweck erfüllen, sondern als Mittel zum Zweck einer guten Lehre dienen. Aus diesem Grund war es uns wichtig auf aktuelle Herausforderungen der Lehrenden einzugehen und stets den Mehrwert und Mehraufwand im Blick zu behalten.
Die realen Szenarien haben wir in kompakter Form jeweils auf zwei Seiten zusammengefasst und dabei die didaktischen, organisatorischen und technischen Besonderheiten herausgestellt:

  • Lerntagebuch via Mahara, OPAL oder moodle
  • kollaboratives Schreiben via Google Docs, Zoho oder etherpad
  • Podcast Wiki Physik als ein Beispiel für Wikis und Lernvideos
  • SOOC als Beispiel für einen cMOOC mittels Blogs
  • Twitterwall als günstige Variante eines classroom response systems
  • Lernmanagementsystem

Während des ersten Workshop-Tages hatten die Teilnehmer zwei Arbeitsaufträge zu bewältigen. Im ersten machten sie sich mit einem der sechs Szenarien vertraut und bereiteten es zu einem Poster auf, was sie den übrigen Teilnehmern im Anschluss präsentierten. Der zweite Arbeitsauftrag bestand darin, eines der vorgestellten Szenarien auszuwählen und es auf eine eigene Lehrveranstaltung zu übertragen oder in eine solche zu integrieren. Zu diesen vorgestellten Ideen gab es abschließend ein Feedback der Gruppe und von uns natürlich.

Auch wenn nicht jedes Szenario sofort Begeisterung weckte (Twitterwall, SOOC), war die Resonanz auf die Veranstaltung recht positiv. Vor allem die angebotenen Freiräume zur Entwicklung von Ideen für mediengestützten Lehr-Lern-Szenarien wurde gut aufgenommen.

Bis zum zweiten Workshop-Termin in zwei Wochen sind wir nun gespannt, wie die Teilnehmer ihrer Ideen konkretisieren. Bislang gewannen wir jedoch den Eindruck, als würden die Teilnehmer ihre Ideen tatsächlich in die Tat umsetzen wollen. Perspektivisch planen wir weitere Szenarien zu sammeln und in einer Falldatenbank anzubieten.

Wir suchen also weitere Beispiele für gelungene Anwendungen Neuer Medien in der Lehre. Könnt ihr uns welche empfehlen?