Nachtrag zum Gesprächsforum zum Umgang mit der Baracke auf dem Gelände der Heilig-Kreuz-Kirche

Am gestrigen Abend fanden sich gut 100 Görlitzer im Schlesischen Museum zusammen, um über den Umgang mit der kürzlich öffentlich gewordenen Baracke des KZ-Außenlager Görlitz zu diskutieren. Die Zeit zur Diskussion ergab sich nach insgesamt sieben Redebeiträgen.

  1. Niels Seidel, Buchautor
  2. Norbert Joklitschke, Pfarrer Heilig Kreuz Gemeinde
  3. Michael Wieler, Bürgermeister
  4. Dr. Bert Pampel, Stiftung Sächsischer Gedenkstätten
  5. Kathrin Krahl, Heinrich Böll Stiftung
  6. Evelyn Mühle, Städtische Friedhofsverwaltung Görlitz
  7. Alex Jakobowitz, Vorstandsmitglied des Förderkreises Görlitzer Synagoge

Der Tenor der Veranstaltung war durch die Zweifel an der Authentizität der Baracke gekennzeichnet. Aktuell gibt es nur zwei mündliche Aussagen von Personen, die am Aufbau der Baracke hinter der Pfarrei Hl.-Kreuz dabei gewesen sind. Schriftliche Dokumente liegen noch nicht vor. Pfarrer Joklitschke gab Bürgermeister Wieler die Hausaufgabe in den städtischen Verwaltungsarchiven nach Bauakten, Transportaufträgen und dergleichen zu recherchieren. Das dies in den letzten fünf Jahren nach Bekanntwerden innerhalb der Unteren Denkmalschutzbehörde noch nicht geschehen ist mag verwundern.

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KZ-Baracke neben der Heilig-Kreuz-Kirche Görlitz

Heute wurde öffentlich, was Albrecht Goetze und mich schon ein gutes halbes Jahr bewegt: ein vergessener Erinnerungsort.

Der vergessene Erinnerungsort findet sich neben der Synagoge. Es ist ein unscheinbarer, verfallender, südseitig besprayter Schuppen. Nur wenigen Görlitzern ist bekannt, welches Geheimnis der Schuppen in sich trägt und an welchem Ort er bis 1945 stand. Es handelt sich um die ehemalige Krankenbaracke des Lagers, die 1949/50 durch ihre transportable Architektur im Biesnitzer Grund abgebaut und hinter der Pfarrei der Heilig-Kreuz-Kirche zur Nutzung als Jugendhaus wieder aufgebaut wurde. Über 67 Jahre trotze die Baracke dem Verfall und überstand sogar einen Baumschlag während des Orkans „Kyrill“ im Jahre 2007. Die Baufälligkeit ist unübersehbar und bisweilen auch durch einen Schutz als Denkmal im Ensemble der Heilig-Kreuz-Kirche kaum aufgehalten.
Nach 67 Jahren Durchhalten scheint dieses Bauwerk wie ein einzigartiges Geschenk an das historische Gedächtnis der Stadt. Die Baracke ist das wahrscheinlich einziger materieller Zeugnis des Lagersystems und vielleicht sogar die einzige erhaltene Baracke dieser Art in ganz Sachsen.

Sanitätsbaracke des KZ-Außenlager Görlitz

 

Die Sanitätsbaracke wurde 1949/50 auf dem Geländer der Heilig-Kreuz-Kirche auf ein neues Fundament gesetzt und unter dem Namen »Don Bosco« als Gemeinde- und Jugendhaus geweiht. Bis in die 1970er Jahre hinein fanden in der Baracke verschiedene Gemeindeveranstaltungen statt, so zum Beispiel Faschingsabende, Jugendblasorchester und Kommunionsunterricht. Als die beiden Kaplane und auch der Küster in den 1970er Jahren abgezogen wurden und ihre beiden Wohnungen in der Pfarrei frei wurden, hielt man die Veranstaltungen fortan nicht mehr in der Baracke, sondern in der Pfarrei ab. Seit dem wird die Baracke als Abstellraum, u.a. für Gartengeräte genutzt.

Derzeit befindet sich die Baracke in einem sehr baufälligen Zustand. Durch den zerstörten Giebel auf der Seite der Synagoge regnet und schneit es herein. Die Decke und Dieleung sind morsch. Überreste einer Feuerstelle zeugen davon, wie jemanden darin Schutz und Obdach suchte.

Blick auf die Baracke mit dem baufälligen Giebel. Im Hintergrund ist das Pfarrhaus zu sehen.
Blick durch den kaputten Giebel auf die Synagoge

Im Ensemble der Heiligkreuzkirche und der Synagoge steht die Baracke heute unter Bestandsschutz, bestätigte mir Frau Junge von der Unteren Denkmalschutzbehörde Görlitz. Somit kann das Gebäude nicht abgerissen werden. Erstaunlicher Weise ist die Existenz der Baracke der Behörde seit einigen Jahren bekannt. Niemand geringeres als Peter Mitsching, der Leiter der Görlitzer Denkmalschutzbehörde, brachte den Stein ins Rollen.
Bei einer Check-Übergabe für die weitere Sanierung der Synagoge fragte Michael Kretschmer, MdB, was da für ein unschöner Schuppe zwischen Synagoge und Kirche stehe. Herr Mitsching antworte, was bislang noch nicht öffentlich bekannt war. Herr Kretschmer trug die Antwort weiter. Der Pfarrer der Heilig-Kreuz-Gemeinde, Norbert Joklitschke, erfuhr erst durch unserem Besuch im Sommer 2012 von der Geschichte des Gebäudes hinter seinem Pfarrhaus. Durch uns erfuhr auch die Sächsische Stiftung für Gedenkstätten von diesem sensationellen Erinnerungsort.

Heute eine Rümpelkammer und morgen eine Gedenkstätte?

 

Vision

Während es bis vor Kurzem noch schien, als wenn eine Erinnerungskultur in Bezug auf das KZ-Außenlager Görlitz am ehesten im WWW seinen Platz fände, gibt es nun Hoffnung auf eine realen Repräsentanz im Herzen der Stadt. Mit der Wiederentdeckung der ehemaligen Krankenbaracke könnte schon bald in Nachbarschaft zur Synagoge nach Wroclawer Vorbild ein Quartier der Toleranz als Zentrum der Dokumentations- und Erinnerungsarbeit entstehen und den Weg für eine Gedenkstätte bahnen. Ob dies gelingen kann hängt nun davon ab, ob der Verfall schnell genug aufgehalten werden kann.

Weitere Links:

  • Die Baracke wurde wahrscheinlich durch Christoph & Unmack Werke in Niesky produziert. Das Unternehmen leistete seit den 1882 Pionierarbeit in der Entwicklung standardisierter, fabrikmäßig gefertigten Holzhäuser. Zwischen 1939 und 1945 stellte das Unternehmen in seiner Holzbausparte fast ausschließlich Baracken her. Vgl. Rug, W. (2006). Lebensdauer von Holzhäusern am Beispiel von Christoph & Unmack AG, Niesky. Wissenschaftliche Berichte
    Hochschule Zittau/ Görlitz, Heft 90 (III. Umgebindehaus- Kolloquium, 21/22. September
    2006).
  • Ein weiteres Buch:  Baracken als industrielle Bauform der Christoph & Unmack AG Niesky
  • Niels Seidel: Die KZ-Außenlager Görlitz und Rennersdorf (2. Auflage)

Landkreis Görlitz erweist Mobilfunkbetreibern einen Bärendienst

Erst war es die Unterversorgen mit „schnellem Internet“ aka ADSL > 2 Mbit und jetzt ist es das seit Jahren eklatante Loch in der Netzabdeckung des Mobilfunks im Landkreis Görlitz. Das Amt für Kreisentwicklung ruft nun die Bürger dazu auf, die Löcher im Netz zu identifizieren, um „damit konkret an die Netzanbieter herantreten zu können“.

Screenshot von fixmylandkreis funkloch.landkreis.gr

Das Ansinnen der Initiative scheint wunderbar und auch das Prinzip der Bürgerbeteiligung klingt gut. Doch bei genauerer Betrachtung handelt es sich hier nicht um eine Abbild des britischen fixmystreet.com, sondern um einen Gratisdienst für die Mobilfunkbetreiber. Diese werden es tunlichst unterlassen ihrer Netzabdeckung offen zu legen. Potentielle Kunden würde dies nur abschrecken. Ärger mit Kunden wäre vorprogrammiert.
Falls es dem Landkreis nun gelingt die Funklöcher zu finden, so würden die Mobilfunkprovider erfahren, was sie schon längst wissen: Netzaufbau lohnt nur da, wo genug Leute Wohnen. In den Tälern der Netzlosen erweist funkloch.landkreis.gr den Anbietern damit einen Bärendienst.
Die Arbeit dafür ist eigentlich überflüssig, denn vielmehr sollte die Bundesnetzagentur die vorhandenen Daten zur Verfügung stellen oder diese von den Anbietern beschaffen. Die dritte Quelle für diese Informationen liegt in den Genehmigungen für die Funkmasten. Diese dürfen nicht ohne amtlich Genehmigung aufgestellt werden. Aus den Standorten der Masten ließe sich auch die Netzabdeckung einzelner Netze ermitteln.

Warum geht man nun diesen komplizierten Weg? Warum soll ich als Bürger meine Zeit darauf verwenden?

Linux-Stammtisch in Görlitz

Ab sofort gibt es an jedem ersten Montag im Monat einen Linux-Stammtisch in Görlitz. Willkommen sind nicht nur die einschlägigen Geeks, sondern vor allem Neulinge und solche die es werden wollen. Mit Rat und Tat führen wir durch die Welt der freien Software und zeigen Wege einer zeitgemäßen und effizienten Arbeit mit robusten Linux-Systemen.

Die thematische Bandbreite orientierte sich an den Vorlieben und Bedürfnissen der anwesenden. Neben klassischer OpenSource Software tangieren wir natürlich auch andere soziale Innovationen wie OpanAccess, OpenData und viele andere mehr.

Aktuelle Informationen sprudeln bald aus dem Quell: linuxgoerlitz.de.im.

ASF Sommerlager in Görlitz/Zgozelec

Als Teil des Rahmenprogramms des diesjährigen ASF Sommerlagers auf dem Gelände des ehem. Stalag VIIIA in Zgorzelec/Görlitz beteilige ich mich durch eine Führung zu den zentralen Gedenkorten des ehemaligen Görlitzer KZ-Außenlagers. Geplant sind Ortsbesichtigungen des alten Lagergeländes in der Kleingartenanlage Biesnitzer Grund sowie auf dem Jüdischen Friedhof.

Vom 16. – 31. Juli 2011 werden im Vierten Internationalen Workcamp, bei dem der MEETINGPOINT MUSIC MESSIAEN in diesem Jahr mit der AKTION SÜHNEZEICHEN FRIEDENSDIENSTE zusammenarbeitet, 26 Jugendliche aus Deutschland, Polen und Italien auf dem Gelände des ehemaligen StaLag VIIIa in Zgorzelec-Ujazd (bis 1945 Görlitz-Moys) restaurierend und pflegerisch arbeiten. Wesentlich unterstützt wird der MEETINGPOINT dabei vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk, der Gemeinde Zgorzelec, der Stadt Zgorzelec und dem Technischen Hilfswerk in Görlitz.
Diesmal ist daran gedacht, durch behutsames Ausdünnen des Bewuchses, der sich seit 1945 entwickelt hat, die Struktur des Lagers wie in einer Art Röntgenaufnahme parallel zur Lagerstraße in dem Bereich des Terrains sichtbar zu machen, der dem Vorhaben MEETINPOINT MUSIC MESSIAEN von der Gemeinde Zgorzelec übereignet worden ist.

John Demjanjuk und der Görlitzer Lagerkapo Jacob Tannenbaum

Jacob Tannenbaum war einerseits Häftling im KZ Außenlager Görlitz und andererseits auch Handlanger der SS. Als Lagerkapo hatte er den zweithöchsten Posten innerhalb der Häftlingsselbstverwaltung inne. Bevorteilt durch eine bessere Unterkunft und Verpflegung war er von Zwangsarbeit befreit, doch zur Härte gegenüber anderen Gefangen verpflichtet. “Wenn du heute nicht auf die Häftlinge einschlägst, bist du morgen selber dran” umschrieb ein anderer Funktionshäftling den Konflikt zwischen Selbsterhalt und Mitgefühl im System der Konzentrationslager. Tannenbaum, so viel ist durch Zeuge überliefert, rechtfertigte seine Position als Lagerkapo gegenüber der SS durch Folter und Mord an anderen Gefangenen.

Der Displaced Persons Act ermöglichte Jacob Tannenbaum, im Dezember 1949 die Einreise in die USA, wo man ihm im März 1955 die amerikanische Staatsbürgerschaft zuerkannte [1].
Im Mai 1987 wird Tannenbaum von Leon Hostig, einem ehemaligen Görlitzer Häftling, als Mörder seines Bruders erkannt und bei der Polizei angezeigt. Der Fall Tannenbaum erregt internationales Aufsehen in den Medien und bei jüdischen Organisationen [2].
In einem Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 4. Mai 1987 heißt es [4]:

Das Justizministerium arbeitet an der Ausweisung des 75 Jahre alten orthodoxen Juden Jacob Tannenbaum, der während des Krieges als Aufseher aus den Reihen der Häftlinge im Arbeitslager Görlitz Mithäftlinge geschlagen und gequält haben soll. Das berichten Kreise des Ministeriums in Washington. Tannenbaum, der die gegen ihn erhobenen Vorwürfe bestreitet und seine Frau, ein Neugeborenes, Vater, Mutter und fünf Schwestern in Konzentrationslagern verloren hat, lebt seit 1949 in New York. 1955 bekam er die amerikanische Staatsbürgerschaft. Nach Angaben des Justizministerium wird seit 1970 gegen ihn ermittelt. Die israelische Regierung habe zahlreiche Informationen zu dem Fall geliefert und auch Belastungszeugen genannt.

In Anbetracht seines hohen Alters und seiner Geständigkeit ließ die Justiz von einer Ausweisung ab und beließ es bei der Aberkennung der staatsbürgerlichen Rechte. In ähnlichen Fällen hatten die USA bereits John Demjanjuk nach Israel und Karl Linnas und Feodor Fedorenko in die UDSSR ausgewiesen [3]. Im Unterschied zu Demjanjuk, Kinnas und  Fedorenko war Tannenbaum erstens ein Jude und zweitens für weitaus weniger Morde verantwortlich als die anderen.
Der Fall Tannenbaum erregte damals dennoch die Gemüter. Nicht nur im Justizministeriums sondern insbesondere in der orthodoxen jüdischen Gemeinde, welcher Tannenbaum in New York angehörte. Man scheute einen Skandal, in dem ein orthodoxer Jude öffentlich durch ein Gericht als schwer krimineller Komplize der SS entlarvt wurde.
Jeffrey Sweet thematisierte den Stoff in dem Theaterstück “The Action Against Sol Schumann”, was mittlerweile in vielen Theatern aufgeführt wurde. In Deutschland wurde Stück bisweilen noch nicht aufgeführt – auch nicht im Theater Görlitz/Zittau.

Herbert Reubens im Stück “The Action Against Sol Schumann” (Photo © Amy Feinberg)

Quellen
[1] Bekanntgabe des United States Department of Justice vom 12. Mai 1987.
[2] Ebenda. Vgl. auch: Schlomo Graber: Schlajme, S. 82.
[3] Weitere belegte Fälle: Algimantas Dailidė (UDSSR); Boļeslavs Maikovskis (UDSSR) und Anton Geiser, der sich der Auslieferung durch die USA bis heute entziehen konnte.
[4] Siehe auch: weitere Presseberichte in den USA.

Piraten Kreisverband Görlitz gegründet

Es ging flott über die Bühne. Um viertel vor acht trafen wir uns im Kulturpunkt Görlitz und eine dreiviertel Stunde später hatten wir, dank der Unterstützung vom Landesvorstand, eine Satzung verabschiedet und unsere Vorstände gewählt. Dr. Daniel Ludwig wurde zum Vorstand, und ich zu seinem Stellvertreter gewählt. In dieser Funktion wende ich mich fortan der inhaltlichen Arbeit im Kreisverband zu. Wie bereits erwähnt, geht es zunächst um den technischen und organisatorischen Aufbau eines Freifunk-Netzes in der Hochschulstadt Zittau.