Warum wir in der Oberlausitz ein flächendeckendes Breitbandinternet brauchen

Ein ausreichend schneller Internetzugang ist in Sachsen leider noch immer keine Selbstverständlichkeit. Die CDU/FTP Staatsregierung ist nun unter anderem im Naturpark Zittauer Gebirge bemüht auch die vermeintlichen Randlagen mit der notwendigen Infrastruktur zu versehen. Notwendige Voraussetzung für eine solche öffentliche Förderung aus dem Topf für “Integrierten Ländlichen Entwicklung” (Ile) ist der Nachweis eines Bedarfs, der durch die Gemeinden zu erbringen ist. Die Bedarfsermittlung unterwirft sich dabei den sparpolitischen Sachzwängen und verkennt die technologische und gesellschaftliche Realität.

Man stelle sich einmal vor, der Bedarf für den Ausbau des Stromnetzes würde nach dem Bedarf der Gemeinden ermittelt. Nur jene Gemeinden mit einem höheren Strombedarf kämen in den Genuss einer adäquaten Versorgung mit Starkstrom. Starkstrom bekommt, wer über x Elektroherde, y Unternehmen verfügt oder 80 Haushalte vorweist, die Sonntags gleichzeitig am Herd kochen. Absurd, oder?

Jeder Oberlausitzer hat ein Recht auf einen Breitbandzugang
Was ist hier Breitband und wenn ja, wie lang noch? Das Datenaufkommen im Internet steigt massiv an. 80% der übertragenen Inhalte sind Videos, wobei nicht nur bekannte Portale ins Gewicht fallen, sondern auch die Angebote der öffentlich rechtlichen Fernseh- und Rundfunkanstalten. Ein weitere Trend betrifft kollaborative Arbeitsformen, die eine dauerhafte Verbindungen zu Office- oder Videokonferenz-Anwendungen im Internet (etherPAD, Google Docs, Skype, ect.) erfordern. Gegenwärtig glaubt die Staatsregierung einen Übertragungsrate von 2 Mbit sei mittelfristig ausreichend, obwohl der aktuelle Standard bei 20 Mbits (!) liegt. Die genannten Trends verdeutlichen eine weitere Zunahme der Übertragungskapazitäten, insbesondere des Upstreams. Die gewollten 2 Mbit beziehen sich aber nur auf den Downstream, also den Empfang von Daten. Ein Minimum für den Versandt von Daten ist nicht vorgesehen, wird sich jedoch effektiv auf 768 kbits beschränken. Das reicht bei weitem nicht aus, um damit auf die genannten kollaborativen Arbeitsformen überzugehen.

Neue Arbeitsformen
In den USA gibt es einen gegenläufigen Trend zur Verstädterung, der im wesentlichen durch Flexibilisierung der Anwesenheitspflicht im Job – Stichwort home office – und durch die Verfügbarkeit von Kommunikationstechnologien ermöglicht wird (begeisterungsmomente.de). Dieser Trend ist in Deutschland bereits zu spüren. Falls wir in der Oberlausitz den Sprung zum zeitgemäßen Hochgeschwindigkeitsinternet nicht in jeder Gemeinde schaffen, werden die ohnehin schon wenig attraktiven Orte noch weiter abgehängt. Im Hinblick auf eine demographische Modernisierung wäre es einmal interessant zu untersuchen, in wie weit es einen Zusammenhang zwischen Breitband-Internet und der Abwanderung / Geburtenrate in den einzelnen Kommunen gibt.
Sollte sich die Sächsische Staatsregierung der technologischen und gesellschaftlichen Realität des Internets und seiner Bedeutung für Wirtschaft und Gesellschaft nicht öffnen und modernisieren, werden Regionen wie die Oberlausitz abgehängt.

Wenn der Freistaat nichts tut, beziehen wir unser DSL eben aus Tschechien
Neulich sprach ich in einem Zittau Cafe mit einem ortsansässigen Unternehmer über die Vorzüge der Grenzlage. Schnell kamen wir darauf zu sprechen, welcher Bandbreite sich die tschechischen Nachbarn erfreuen. Es ist noch gar nicht so lange her, als er von seinem einstigen Firmensitz am Zittauer Markt eine Direktfunkverbindung nach Hradek nad Nisou aufgebaut, um somit 20 Mbit abzufassen! Was der Freistaat nicht schafft, bieten die Tschechen schon lange.

5 thoughts to “Warum wir in der Oberlausitz ein flächendeckendes Breitbandinternet brauchen”

  1. Dörfer ohne DSL sind bedauernswert. Ganze Stadtteile in der Landeshauptstadt Dresden, der Kreisstadt Görlitz und dem Regionalzentrum Zittau sind blamabel.

  2. Dass ein Internetzugang einen hohen Stellenwert hat, ist sicherlich unbestritten (und dies nebenbei auch für mich persönlich), aber es soll ja auch keiner ausgeschlossen werden, nur da Mittel begrenzt sind und anderen auch andere Themen wichtig sind, müssen halt Prioritäten gesetzt werden, wo zuerst losgelegt wird. Übrigens, auch hier im Südwesten gibt es noch Dörfer ohne DSL …

  3. Der Zugang zum Internet hat m. E. einen annähernd hohen Stellenwert wie andere Infrastrukturen – auch und gerade wenn es um Meinungsbildung und Partizipation an gesellschaftlichen und demokratischen Prozessen geht. Falls ein solcher Zugang für private Telekommunikationsanbieter nicht rentabel ist, können die Betroffenen deshalb nicht ausgeschlossen werden. Der Freistaat ist in der Pflicht und versucht mit dem Ile einen Beitrag zu leisten. Es geht hier deshalb auch nicht um den letzten Bauernhof, sondern um reginale Zentren, ganze Dörfer und zusammengschweißte Gemeinden, die ohne adäquates Netz dastehen. Die Ile-Richtlinien sind weit unter dem aktuellen technischen Standard und deshalb vergeudet.

  4. Finanzierungsüberlegung: Die Kommunikations-Anbieter Telekom, Vodafon, O2 und E-Plus mit ihren Tochterunternehmen sind natürlich als erstes im Boote, aber sicherlich lohnen sich die Investitionen im ländlichen Raum nicht. Neben den öffentlichen Mitteln sollte nach weiteren Mitteln geschaut werden. Wer ist potent und könnte einen Nutzen durch Anbieten von Breitbandinternet haben und wer steht in Konkurenz zu anderen gleichartigen Unternehmen in den Kommunen? Als erstes fallen mir Volksbank, Sparkasse und Postbank ein, Auch wenn es dann Abhängigkeiten gibt, könnte hier vielleicht Geld geholt werden …

  5. Denke, die Oberlausitz, Dresden, ein schwäbischen Dorf, die Großstadt Berlin sowie alle zivilisierten ländlichen oder städtischen Gebiete im In- und Ausland benötigen heute und in Zukunft ein flächendeckendes Breitbandinternet für Privathaushalte, Schulen, Betriebe usw. Klar, dass die Anbieter die Städte bevorzugen, da sich hier die Investitionen auch bezahlt machen. Die ländlichen Gebiete müssen wohl staatlich gefördert werden. Hier denke ich, stehen vom Bund, Land, Kommune auch Mittel bereit. Um die öffentliche Verschuldung nicht ins uferlose zu treiben (hier wird vor allem der Bund massiv angegriffen), müssen Ausgaben und Einnahmen in einem Verhältnis stehen, Ausgaben priorisiert verteilt werden. Straßenbau, Umweltschutz, Bildung … genauso wie Internetanschlüsse. Ich finde es gut, dass man schaut, wo ist das größte Manko und da finde ich die Kriterien logisch und angemessen: wo gibt es keine Anbieter zu vertretbaren Preisen, oder wo sind hohe Bedarfe für Hochgeschwindigkeitsinternet. Finde es nicht sinnvoll, das Geld zuerst in den abgelegendsten Bauernhof zu investieren, während eine Hochschule oder Betriebe leer ausgehen. Fakt ist, das viel Geld investiert werden muss, es sollte aber auch nach Wirtschaftlichkeit geschaut werden. Hier wären meiner Meinung nach Vorschläge nötig, wie die Kosten aufgebracht oder wenigstens teilweise auch amortisierbar sind. Gerade aus den USA zurück, wo fast jede Ortschaft über einen McDonalds, Starbucks … verfügt und dort (wie auch in jedem Hotel) ein kostenloses schnelles WLAN zur Verfügung steht, wünsche ich mir das hier in Deutschland ebenfalls, auch in der Oberlausitz, aber die Kosten müssen trotzdem aufgebracht werden …

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