Vorträge im September/Oktober

Theresienstadt explained
Films from Ghettos and Camps: Propaganda – Clandestine messages – Historical source, 05.09.14, Terezin/CZ

The project “Theresienstadt explained” aims to make the film “Theresienstadt: Eine Dokumentation aus dem Jüdischen Siedlungsgebiet” accessible for learning purposes. Therefore we try to identify people, places and the intrinsic propaganda in relation to its temporal appearances. As a result the film shall become augmented and therefore easier comprehensible for those who are not familiar with the depicted information and hidden meanings. For educational purposes we aim at three use cases: (1) supporting interactive live screenings by navigational aids and augmented data (e.g. at the memorial state or at the volunteer-led Youth Centre in Terezin); (2) individual self regulated learning in the web for an international audience; (3) scripted collaborative learning in small groups by analysing and discussing the film in a classroom. So far we obtained a high quality reproduction of the film from the German Federal Archive in Berlin that we rearranged according the original screenplay. At present 47 persons have been identified and almost described with biographical data or even short biographies. Currently we are developing a video learning environment that incorporates the film-related information along various navigational dimensions. Users are able to browse single scenes and identified persons. The perception of the film is aided by a table of contents (scenes), highlighted persons and a adjustable playback speed. In the next step we are going to contrast locations of the filming in 1944/45 with today’s views supplemented by a map.
The organisation and software development is resided at the International Institute Zittau at Dresden University of Technology. Currently the volunteers at the Terezin Youth Centre are cooperating in the content production. Finally members of the sociocultural centre Hillersche Villa in Zittau that once inspired the project participating and supporting “Theresienstadt explained” in many different ways.

 

Aufgabentypen und Einsatzszenarien für ein E-Assessment in Lernvideos
Workshop on E-Learning, 25.09.14, Görlitz

Unter der Berücksichtigung der Multimedialität sowie der zeitlichen Dimension von Lernvideos lassen sich herkömmlichen Aufgabentypen wie Multiple Choice, Lückentext, Zuordnungs- und Reihenfolgeaufgaben in einer neuen Art und Weise in Videos integrieren. In diesem Beitrag stellen wir einen konzeptionellen Rahmen für die zeitliche und räumliche Anordnung von Aufgabentypen im videobasierten Assessments vor. Wir verfolgen damit das Ziel, ausgewählte Aufgabentypen in Verbindung mit CSCL-Scripts im Rahmen der E-Tutorenqualifikation der TU Dresden einzusetzen und ihren Nutzen sowie ihre Akzeptanz zu untersuchen.

Vergleich von offener und Script-basierter Kollaboration in einer Videolernumgebung
Gemeinschaften in Neuen Medien, TU Dresden

In einer Feldstudie haben wir offene und script-basierte kollaborative Lern- prozesse in einer videobasierten Lernumgebung gegen ̈ubergestellt. An der Studie be- teiligten sich 76 Studierende zweier Lehrveranstaltungen an unterschiedlichen Hoch- schulen. In einem 2×2 faktoriellen Design bearbeiteten sie vier Aufgaben im Kontext von Peer Annotation und Peer Assessment mit oder ohne CSCL-Script. Mittels Log- daten wurde analysiert, wie effektiv die Lernenden in beiden Szenarien zusammen- arbeiteten und wie intensiv sie sich mit dem Videomaterial auseinandersetzten. Der Script-Einsatz erwies sich dabei im Vergleich zum offenen kollaborativen Lernszena- rio als ein Mittel zur F ̈orderung der effizienten Wissenskonstruktion.

theresienstadt explained beim Willkommens- und Abschiedsseminar in Dresden vorgestellt

Es ist nun schon gut sechs Monate her, dass uns die crowd bei der Digitalisierung des NS-Propagandafilms »Theresienstadt – Eine Dokumentation aus dem Jüdischen Siedlungsgebiet« unterstützt hat. Seit dem habe ich zwei größenen Schüben die Inhalte und Umgebung für ein Lernumgebung entwickelt, die ich just am Sonnabend zum zweiten mal zur Diskussion stellte.

Beim diesjährigen Willkommens- und Abschiedsseminar trafen sich die derzeitigen und neuen Freiwilligen der Aktion Sühnezeichen Friedensdienst sowie die Freiwilligen vom Österreichischen Gedenkdienst in Dresden. Der Ort war gut gewählt, Read More

A Living Document: Leitfaden für ein Qualitätsmanagement bei der Durchführung von E-Learning Projekten

Meine Motivation zur Behandlung des Qualitätsmanagement in E-Learning Projekten ist geprägt von eigenen Erfahrung im Projektgeschäft. Ein gewisser Leidensdruck entstand dabei angesichts suboptimaler Prozesse im Hinblick auf die Erreichung guter projektbezogener und wissenschaftlicher Ergebnisse. Hier nur einige Beispiele wiederkehrender Probleme:

  • ineffiziente Nutzung von Kommunikations- und Kollaborationswerkzeugen (z.B. E-Mail-Flut, Versionschaos, …)
  • unpräzise Verwertungspläne zur wirtschaftlichen, wissenschaftlichen und strukturellen Nachnutzung/Verwertung
  • eingeschränkte Verwertung von Ergebnissen aus früheren Projekten aufgrund fehlender Nutzungsrechte
  • unstrukturierte Datenablage, Literaturverwaltung, Versionsverwaltung, ect.
  • keine Datenbackups
  • ungenügender Literaturbezug mangels Bekanntheit der entsprechenden Communitys und Literaturdatenbanken
  • Unklarheit bei der Anbahnung von Kooperationen
  • unverschlüsselte, personenbezogene Daten von Lehrenden und Studierenden
  • ethisch/juristisch korrekter Umgang mit Daten studentischer Probanden
  • closed source statt open source
  • kein open data

Das Ziel besteht darin, einen Handlungsleitfaden für die Durchführung von E-Learning-Projekten zu entwickeln. Der Leitfaden dient der Professionalisierung der Organisation und Durchführung von Projekten im Themenbereich E-Learning. Dabei werden einzelne Prozesse betrachtet und im Hinblick auf die Entwicklung und Etablierung von Qualitätsstandards erläutert. Der Leitfaden ist unabhängig von konkreten Projekten und soll Projektverantwortliche wie auch Mitarbeiter durch Checklisten bei der Durchführung von E-Learning unterstützen.

In gewisser Weise ist dieser Vorstoß durch die Entwicklung eines projektbezogenen Leidfaden für das Qualitätsmanagement im QPL-Projekt »Lehrpraxis im Transfer« (LiT) inspiriert. In LiT geht es darum, die einzelnen hochschul- und mediendidaktischen Maßnahmen zur Beratung und Vernetzung sächsischer Lehrender über die vier Hochschulstandorte hinweg klarer zu definieren und in Anbetracht personeller Fluktuation besser zu kommunizieren. Die Vorgehensweise zur Erstellung eines QM Leitfadens kann man dabei durchaus auf andere Bereiche in Forschung und Lehre übertragen. Mich persönlich bewegt dabei die Durchführung von E-Learning Projekten.

Die Anregung dieses Thema komplett nun im Web zu erschließen und den Text kollaborativ zu produzieren erhielt zu aller erst von Lev Manovich. L3T und andere Booksprints gehen dabei einen anderen Weg, in dem einzelne Beiträge zusammengefügt werden. Ich will jedoch alles, vom ersten Entwurf bis hin zur Publikation einzelner Versionen im Web abbilden. Den letzten Anstoß dazu gab mir der re:publica Vortrag von Kaja Scheliga, Sönke Bartling und Lambert Heller.

Aktuell ist das Dokument nur ein paar Seiten lang. Eine Gliederung liegt vor und jeder der will, ist eingeladen das Vorhandene zu kommentieren oder sich bei mir als Autor freischalten zu lassen. Hier gehts zum Dokument.

Meine Empfehlungen zum Neißefilmfest: Open Access, Liga Terezin, Sieniawka

Zum 11. mal und wieder kaum zu übertreffen: das räumlich verteilte und raumumspannende Filmfest im Dreiländereck Polen, Tschechien, Deutschland. Ja, DAS Neissefilmfest. Es lohnt im Programm zu stöbern. Ich möchte einige Filme empfehlen, wenngleich ich nicht immer die Gelegenheit haben werde, sie zu sehen:

Vidkryty Dostup / Open Access
Die politische und gesellschaftliche Etablierung von Open Access schreiten hierzulande mit großen Schritten voran. Wie es in einem nicht-so-westlichen Land darum bestellt ist, verspricht dieser Film zu erzählen. Da es um die Ukraine geht, dürfte die anschließende Diskussion Oleksandra Bienert und Andreas Schönfelder in mehrfacher Hinsicht interessant werden.
UA 2013 | 98 min | BR | OF + eUT + dtÜ
Siehe auch NGO Centre UA
09.05. 20.00 h KUNSTBAUERKINO 2, GROHEDO

Im Jahr 2011 wurde das Gesetz des Zugangs zu öffentlichen Informationen in der Ukraine verabschiedet. Zu einem Zeitpunkt, wo die demokratischen Rechte ignoriert wurden und die Korruption wucherte, beschlossen fünf Filmemacher, das System herauszufordern. Der Mangel an Transparenz und Verantwortung durch die Anführer des Landes und deren Gleichgültigkeit und Ignoranz – das ist, was die Dokumentationen bezeugen. Die Protagonisten leben in verschiedenen Teilen der Ukraine. Was sie verbindet aber ist der Wunsch, den Zugang zu freien Informationen zu schaffen. Diese Anthologie beinhaltet: “Mezhyhirya”, “Afghanischer Kriegsveteran”, “Schule”, “Haus der Chimären”, “In Bedrängnis”.

 

Liga Terezin
Angesichts des diesjährigen Schwerpunkt auf dem jüdischen Leben in Ost(und Mittel?)europa erwarte ich mir von diesem Film nicht nur Erkenntnisse für meine Arbeit am interaktiven Film(projekt) „Theresienstadt explained“. Liga Terezin erzählt eine unglaubliche Geschichte vom Fußball im KZ Theresienstadt wohl auch vom Versuch zu einem Alltag zu finden.

IL 2012 | 52 min
10.05. 11.00 h KUNSTBAUERKINO 2, Großhennersdorf

Von 1942 bis 1944 trugen jüdische Häftlinge unzählige Fußballspiele auf improvisierten Spielfeldern in unmittelbarer Nähe ihrer Baracken im Ghetto Theresienstadt aus. Es war der Versuch, sich der traurigen Realität ihrer aufgezwungenen Notlage entgegen zu stemmen. Die Nazis machten davon Filmaufnahmen, um sie für Propagandazwecke zu nutzen. Ausgehend von diesen Aufnahmen spannt der Film einen Bogen zu aktuellen antisemitischen Tendenzen in holländischen Stadien.

Sieniawka
D/PL 2013, 126 min., DCP OF dt UT
08.05. 15.00 h KRONENKINO, ZITTAU
In der Umgebung von Zittau kann ich mir kaum einen misteriöseren Ort vorstellen, als den ehemaligen Kasernenkomplex in Sieniawka (ehm. Kleinschönau). Das Anwesen ist vielen noch als Sitz des Kraftverkehrs und Tankstelle bekannt.. Manche wissen um die Geschichte als Produktionsort der ersten Düsentriebwerke durch die Firma Junkers im Jahre 1945. Nur wenige sind dagegen mit der düsteren Vergangenheit als Entbindungsheim von Groß-Rosener KZ-Häftlingen, dem Wirken von Dr. Mengele und andern SS-Größen sowie der Nutzung als Lager des sowjetischen NKWD vertraut. Einige Enthusiasten vermuten in den unterirdischen Produktionsstätten Nazischätze, wie das Bernsteinzimmer. In diesem Film geht es jedoch um die heute dort zu findende Psychatrie.

Ein Tagebau, ein herumstreunender Kosmonaut. Eine Betreuungsanstalt für psychisch Normabweichende. Erst Essensausgabe im Speisesaal, dann Zigarettenausgabe im Raucherzimmer. Lufttennis im Garten und ein altes Kino aus Vorkriegszeiten.
Ein aus der Zeit gefallener Ort namens Sieniawka, bekannt für seinen Grenzübergang und für eine lokale Psychiatrie an der polnisch-deutschen Grenze bildet das schwerelose Zentrum dieses kinematografischen Bildermonoliths. Eine experimentelle Mischung aus Science-Fiction und Dokudrama. Sieniawka, 5 Minuten Fußweg von Zittau entfernt – Leben auf einem fremden Stern.

Darüber hinaus:
Rublak. Die Legende vom vermessenen Land (08.05. 20.00 h KULTURFABRIK, MITTELHERWIGSDORF)
One Fine Line (09.05. 17.30 h KUNSTBAUERKINO 1, GROHEDO)

Crowdfunding in der Wissenschaft: The Good, the Bad and the Ugly

Als ich vor einem Monat gefragt wurde über meine Erfahrungen im Crowdfunding für ein Forschungsprojekt in einer der E-Science Saxony Lectures zu berichten, habe ich diesen Blogpost bis heute zurückgehalten. Ich wollte nichts vorweg nehmen. Im folgenden schreibe ich nun meine Erfahrungen nieder, die trotz erfolgreicher Finanzierung des Projekts Theresienstadt explained recht kritisch ausfallen. Mir ging es dabei auch um einen Vergleich zur konventionellen Finanzierung von Forschungsprojekten durch sogenannte Drittmittel.  Als Fazit halte ich fest:

  • Der Aufwand ist immens hoch,
  • Als Forscher unterliegt man einer ökonomischen Verselbstständigung.
  • Der frühzeitige Dialog mit Nutznießern des Forschungsvorhaben beeinflusst das Ergebnis positiv.

The Good

#1: Das Gute zeigt sich in den zwei Seiten der Medaille des Crowdfundings: einerseits kann man damit Vorhaben finanzieren und andererseits selbige auch bekannt machen. Während meiner Kampagne habe ich über 160 E-Mails versendet, dutzende Leute via twitter und einige blog posts geschrieben angeschrieben. Somit bin ich frühzeitig mit der Zielgruppe in Kontakt getreten, die von unseren Ergebnissen einmal profitieren sollen.

#2: Ohne die Kampagne wäre ich vielleicht nicht so früh und offensiv an die Öffentlichkeit gegangen. Üblicher Weise wartet man, bis die finalen Ergebnisse vorliegen und mehrere Prüfungen durchlaufen haben. Damit haben wir uns einerseits versucht, dass unsere Projektziel und der Weg der Umsetzung auf Zustimmung stoßen. Andererseits konnten wir dadurch auch die Prinzipien eines Partizipativen Designs anwenden, in dem Anwender unsere Produktentwicklung begleiten und uns helfen iterativ zu überarbeiten.

#3: Terezin explained brachte mir einige wichtige Kontakte für Vorträge und Vorstellungen der Projektergebnisse. Aber auch weitere Quellen für die Projektumsetzung erreichten mich über diese Kanäle und durch die Recherche nach potenziellen Unterstützern.

#4: Positiv sind die vielen wertvollen Hinweise der startnext-crew hervorzuheben. Die haben sich genau angeguckt, was ich da zu erst in englisch und dann auf deutsch geschrieben habe. Dabei lernte ich den konstruierten, aber steuerrechtlich wichtigen Unterschied zwischen Spende und Unterstützung kennen.

#5: Sehr entgegenkommend ist die relative Freizügigkeit in der Verwendung der Mittel im Sinne des Projektziels. Das Budget ist weder einzelnen Posten zugeordnet, noch werden die Ausgaben durch einzuholende Angebote bürokratisch erschwert. In unserem Fall bedeutet dies zum Beispiel, dass wir uns Gutachten von Experten bestellen können oder vielleicht noch einen Designer beauftragen.

The Bad

Die erste Enttäuschung hat nichts mit startnext zu tun. Ich wollte die Kampagne eigentlich bei kickstarter initiieren, um die großen Jüdischen Gemeinden in den USA besser erreichen zu können. kickstarter ist jedoch auf Personen mit Wohnsitz in den USA beschränkt, die zudem neben einem Bankkonto auch eine Kreditkarte dort vorweisen müssen. Diese Barriere konnten meine besten Kontakte in die Staaten nicht aushebeln. Die deutsche Alternative zu kickstarter war aus lokalpatriotischer Sicht keine Schlechte: das Unternehmen startnext ist in Dresden registriert. Wer jedoch denkt bei startnext schnell zum Zuge zu kommen, sollte besser eine Webseite aufsetzen und mit einem PayPal-Spendenaufruf verbinden.

#1: Der Prozess von der Anmeldung über die Startphase bis zu den ersten Unterstützungen kostete mich über einen Monat Zeit und Nerven. Zeit beanspruchte weniger die Beschreibung des Vorhabens (2h) und die Produktion zweier Videos (2h + 3h), sondern die vielleicht typisch deutsche Internetbürokratie in einem System aus von einander abhängigen Genehmigungen und Statuswechseln. Der Name ist Programm und sollte rekursiv als [you could] start [ if you fulfil our] next [requirement] verstanden werden.

#2: Neuland war für mich das Pitch-Video, in dem man sich mit seiner Idee persönlich den möglichen Unterstützern vorstellt. Obwohl ich bereits zwei mal solche Videos (1, 2) produziert hatte, war ich mit dem Ergebnis nicht sonderlich zufrieden. Ein gutes Pitch-Video in einer vertretbaren Zeit zu produzieren ist durchaus eine Herausforderung. Die Kompetenz, die eigene Forschung in Form eines Videos darzustellen ist zwar seit einigen Jahren auf Tagungen im Bereich Human Computer Interaction gefragt, doch darüber hinaus kaum verbreitet. Wer kann mir einen Kurs „How to produce a scientific Pitch-Video“ empfehlen?

#3: Als jemand, der es gewohnt ist keine Bedienungsanleitungen zu lesen überraschte mich die erzwungene Startphase, in der man unter den registrierten Nutzern (= Projektinitiatoren) eine bestimmte Anzahl relativ zum benötigten Geldbetrag einholen musst. 25 Fans sollte ich finden. Nach einer Zeit stellte ich fest, dass das Prinzip Geben und Nehmen greift und man einfach nur ein paar andere Projekte gutheißen muss, um Fans zu sammeln. Das hätte man sich auch sparen können. Oder besteht da ein Nebenziel von startnext darin, Außenstehende zur Registrierung zu bewegen?

#4: Aufwand und Nutzen standen in meinem Fall in keinem guten Verhältnis. In Anbetracht von gut 60 Arbeitsstunden in einem Zeitraum von 75 Tagen, müsste der Förderbetrag eigentlich höher angesetzt werden. Abgesehen von der Entwicklung des Konzepts inklusive Videos, schlägt vor allem der Aufwand für die Kommunikation (Recherche von Multiplikatoren, Mailverkehr) und die Beobachtung der Finanzierungsphase zu Buche. Auch die Abschlussphase, in der man die Unterstützer über den Stand des Projekts informieren und schlussendlich mit Dankeschöns beliefert, kostet noch einmal extra Zeit. Um festzustellen, welcher Aufwand gerechtfertigt ist, müsste man die Aufwendung für das Crowdfunding in der Forschung mit dem vollständigen Zyklus eines Drittmittelprojekts vergleichen.

The Ugly

#1: Angesichts der zeitgemäßen Skepsis gegenüber der Bankenbranche wurde ich bei startnext mit einer (mir) unbekannten Bank namens Fidor konfrontiert. Wer sein Projekt finanziert bekommen will, kommt um Fidor nicht herum. Leider bietet startnext keine Alternativen bzw. stellen die bekannten Banken keine Alternative zu Fidor dar, um das Geld der Unterstützer bis zum Zustandekommen der Finanzierung treuhänderisch zu verwalten.

Persönlich störte mich dabei das etwas unglücklich verzahnte Procedere bei der Anmeldung dieses Kontos und der Erfüllung der Anforderungen für den Wechsel in die Startphase bei startnext. Das Online-Ident-Verfahrung zur Verifikation meiner Identität zog sich allein über zwei Wochen. Grund waren unpräzise Angaben, welche Unterlagen für das Verfahren benötigt werden sowie bankbürokratische Wartezeiten von drei Tagen je Revisionszyklus.

#2: Wer schon ein paar Jahr im Drittmittelgeschäft tätig ist und vielleicht schon mehr als ein Dutzend Arbeits- bzw. Verlängerungsverträge unterzeichnen musste, dem dürften die Parallelen zu einer selbstständigen oder freiberuflichen Arbeit bekannt sein: Man bewirbt sich um Ausschreibungen, stellt Finanzpläne auf, präsentiert sich auf Messen, beschäftigt Subunternehmer, kooperiert mit unterschiedlichen Organisationen, bearbeitet mehrere Aufträge gleichzeitig und beschäftigt sich mit der Außenwirkung in Gestalt von Webseiten, Flyern und Publikationen. Der Unterschied zwischen Wissenschaft und Unternehmertum schwindet beim Crowdfunding noch weiter. Dies betrifft die persönliche Haftung und die korrekte Versteuerung.

Bei erfolgreicher Finanzierung geht man ein persönliches geschäftliches Verhältnis mit den Unterstützern ein. Wer also aufgrund von Krankheit, Misserfolg, Fehlplanung o.ä. nicht liefern kann, muss unter Umständen das gesamte Geld zurückzahlen. Solch einen Fall ist angeblich noch nicht vorgekommen, doch theoretisch muss man sich dieses Risikos bewusst sein.

Die zweite Klippe heißt Finanzamt. Für die Verwendung der Unterstützungen kann das Finanzamt eine Gewinn- und Verlustrechnung fordern. Die Gewinne sind für Privatpersonen, Einzelunternehmer und Unternehmer in Personengesellschaften (GbR) einkommenssteuerpflichtig. Gewinne sollte man daher tunlichst vermeiden. Das Crowdfunding-Budget ist zudem umsatzsteuerpflichtig, sofern man mit all seinen Umsätzen über 17.500 Euro hinaus kommt. Speziell muss man auch bei den Dankeschöns aufpassen und z.B. für eine Unterstützung von 300 Euro mehr als ein Grußwort oder eine Postkarte liefern. Steht einer Unterstützungen keine geldwerte Leistung gegenüber, ist das als eine steuerpflichtige Schenkung zu betrachten. Nicht umsonst empfiehlt startnext einen Steuerberater heranzuziehen.