Eine Mehrheit aus CDU, Freie Wähler und FDP entschied sich am 18. Juli im Görlitzer Kreistag gegen eine Videoübertragung der Sitzungen. Landrat Bernd Lange mauert sich mit seiner Fraktion vor den Bürgern ein und begründet dies lapidar mit hohen Kosten. Lange meinte sogar, die Tageszeitungen würden genügend Transparenz herstellen. Andere pflichteten bei, die in Teilen des Landkreises wäre die “Netzqualität” ohnehin zu schlecht, um Videoaufzeichnungen zu verfolgen. Solche Sachzwänge lassen so leicht widerlegen, wie die Informationsdefizite auf Kreisebene zu belegen sind. Doch noch einmal der Reihe nach.
Das vermeintliche Argument hoher Kosten
Aus Erfahrung weiß ich, dass sich die Anschaffungskosten für eine Videoaufzeichnung und Distribution auf unter 1000 Euro belaufen. Alles was man dafür benötigt ist einen schlanken Laptop (~ 300 €), eine HD-Web Cam (100 €) und eine Software für die Live- und Demand-Übertragung (z.B. Adobe Connect, “Shared Server” Lizenz mit “named Server” und SSL: 524 Euro).
Die Transparenz durch Tageszeitungen?
Es gibt im Kreisgebiet leider nur eine flächendeckende Tageszeitung, von der man leider nicht behaupten kann umfassend über das Geschehen im Kreistag informiert zu werden. Überdies haben die Lokalredaktionen ebendieser Zeitung ihre persönlichen, inhaltlichen und politischen Präferenzen und Ansichten. Das ist nicht weiter verwunderlich, doch angesichts mangelnder Vielfalt nicht das, was eine demokratische Gesellschaft zur Meinungsbildung benötigt. Die Frage nach Transparenz im Kreistag ist deshalb im Kreis Görlitz von besondere Bedeutung, um die schwach ausgeprägte Medienlandschaft zu kompensieren. Dabei geht es in erster Linie um die ausreichende Informationen zur politischen Meinungsbildung und noch nicht einmal um die Partizipation der Bürger an politischen und gesellschaftlichen Entscheidungen.
Mangelnde Netzqualität?
Angesichts einer desolaten Infrastruktur das Recht auf Meinungsbildung abzusprechen, ist undemokratisch. Außerdem verfügt doch zumindest ein Großteil der Bürger im Kreis Görlitz über einen ausreichend schnellen Internetzugang. An der Verbesserung der Situation arbeiten Kommunen, der Kreis und das Land. Aus technischer Perspektive könnten Downloads vergangener Sitzungen als Ergänzung zu den Live-Übertragungen angeboten werden. Selbst mit einem mageren ISDN-Anschluss könnte man sich innerhalb von wenigen Stunden eine mehrstündige Aufzeichnung herunterladen.
Fazit
Es genügt eigentlich schon ein Blick in den Nachbarkreis Bautzen, wo Bürger ein zumindest die Ergebnisprotokolle der Kreistagssitzungen online einsehen und durchsuchen können. Ergänzt durch eine Suchfunktion Das Kreis Görlitz begnügt sich mit einem Sitzungskalender, aus dem nicht einmal hervorgeht, über was an dem Termin verhandelt wird. Im Hinblick auf Transparenz und Ermöglichung politischer Teilhabe könnte Kreistag Görlitz kaum höher mauern als er es jetzt schon tut. Transparenz und Zugang zu Informationen sind die Voraussetzung für die Teilhabe am politischen Geschehen und Grundbestandteil einer Zivilgesellschaft. Die Politik auf Kreisebene ist für den ansässigen Bürger oftmals unmittelbar bedeutsamer als jene Entscheidungen des Landtags oder der Bundesregierung. Die Sächsische Zeitung allein als Sprachrohr des Kreistags vorzuschieben grenzt an Meinungszensur.
“Es gibt im Kreisgebiet leider nur eine flächendeckende Tageszeitung,” außer im Norden (der 1952–1990 nicht zum Bezirk Dresden sondern zum Bezirk Cottbus gehörte), wo sie keinen Fuß in die Tür bekommt, weil da die andere frühere Bezirkszeitung noch immer das Sagen hat.
Der Norden hat’s gut, er hat zwei Zeitungen, in denen nichts steht.
Landrat Lange heist der
Danke, natürlich Lange