Der Herrnhuter Stern: Nur echt mit 110 Zacken

Der Grundkörper des klassische Herrnhuter Sterns ist ein 26-seitiger Rhombenkuboktaeder, der aus 18 Quadraten und 6 Dreiecken besteht. An einer Seite hängt das Lämpchen drin, so dass nur 25 Zacken vorhanden sind. Bastelanleitungen für den Grundkörper findet man beispielsweise hier. Original Herrnhuter Sterne sind jedoch markenrechtlich geschützt und dürfen nicht ohne Lizenz angefertigt werden. Das eigentliche Original dieser Weihnachtssterne hatte jedoch 110 Zacken und wurde 1820 von Christian Madsen in Niesky, also 30 km nördlich von Herrnhut erfunden. Ein Exemplar dieses Sternentyps hängt heute noch in der Herrnhuter Kirche. Ein Gruppe von Bastlern fertigte diesen in aufwendiger Handarbeit. In den USA lud ein gewisser Max Brady Kurse zum Bau der 110-Zacker ein. Doch die Bauanleitungen sind nicht frei verfügbar. In dem Buch über Bauweisen verschiedener Herrnhuter Sterne fehlt der 110-Zacker. Den Fotos nach zu urteilen, besteht der 110-Zacker jedoch höchstens aus achteckigen und etwas kleineren sechs- und viereckigen Flächen. Aufgrund der 110 Flächen wirkt der Grundkörper wie eine kantige Kugel. In diesem Beitrag möchte ich die Frage beantworten, wie sich ein 110-Zackiger Stern und insbesondere sein Grundkörper konstruieren lässt.

Im Folgenden beschreibe ich zunächst wie sich aus einem 6-Zackigen Stern mit einem Würfel als Grundkörper, ein Rhombenkuboktaeder, dass heißt ein Grundkörper für einen Herrnhuter Stern konstruieren lässt. Mit Hilfe mathematisch-geometrischer Formeln und etwas Kombinatorik erweitern wir anschließend den Rhombenkuboktaeder zu einem Grundkörper mit 110 Flächen. Daraus ergibt sich  eine Bastelanleitung für den 110-Zacker, bei der man die Seitenlänge selbst bestimmen kann. Der Beitrag schließt mit einigen Überlegungen zu den Größenverhältnissen der Sterne und der daraus resultierenden wahrgenommenen Ästhetik.

6-Zacker mit einem Würfel als Grundkörper

Der sechsseitige, regelmäßige Grundkörper ist trivial. Für Kinder lässt sich ein solcher Stern recht einfach bauen. Als Grundkörper nimmt man einen Würfel, bspw. mit einer Kantenlänge von 4 cm. Beim Aufzeichnen der Mantelfläche sollten Klebefalze bedacht werden. In jede Seitenfläche ist ein mittiger Kreis mit einem Radius von 1,5 cm zu schneiden, um die Zacken von Innen hindurch führen zu können. Die sechs Zacken schneidet man aus einem Kreis mit einem Radius von 7 cm aus. Für jede Zacke bedarf es eines Kreissegments von 54°.

26-Zacker mit Grundkörper eines Rhombenkuboktaeder

Um aus einem würfelförmigen Grundkörper einen 26-flächigen Rhombenkuboktaeder zu erzeugen, ersetzt man jede der sechs quadratischen Seitenflächen des Würfels durch jeweils drei kleinere, L-förmig angeordnete Quadrate. Dadurch entstehen insgesamt 18 neue quadratische Flächen. Die ursprünglichen Ecken des Würfels werden durch Dreiecke ersetzt, die zwischen den angrenzenden kleinen Quadraten aufgespannt werden. Auf diese Weise erhält der Rhombenkuboktaeder zusätzlich 8 dreieckige Flächen. Insgesamt besitzt der so entstandene Körper also 18 quadratische und 8 dreieckige Flächen, was zu den insgesamt 26 Flächen führt.

Um zu überprüfen, ob es sich bei dem Rhombenkuboktaeder um einen konvexe Polyeder handelt, nutzen wir die Euler-Charakteristik zur Probe. Die Formel besagt: Flächen + Ecken – Kanten = 2. Der Rhombenkuboktaeder hat 18 quadratische Flächen und 8 dreieckige Flächen Insgesamt hat er somit 18 + 8 = 26  Flächen. Der Rhombenkuboktaeder hat insgesamt 24 Ecken. Das ergibt sich aus der Struktur des Körpers, da jede Ecke des ursprünglichen Würfels durch die Verbindung von Dreiecken und Quadraten zu neuen Ecken führt. Jede quadratische Fläche hat 4 Kanten, insgesamt für 18 Quadrate: 18 × 4=72. Jede dreieckige Fläche hat 3 Kanten, insgesamt für 8 Dreiecke: 8 × 3 = 24. Da jedoch jede Kante zwischen zwei Flächen liegt, wird jede Kante doppelt gezählt. Die Gesamtzahl der Kanten beträgt also (72 + 24) / 2 = 48 Kanten.
Setzen wir die Werte ein: Flächen + Ecken − Kanten = 26 + 24 − 48 = 2. Die Probe für diesen Vertreter eines konvexe Polyeder mit der Euler-Charakteristik war somit erfolgreich.

110-Zacker: Das Original mit 110 Zacken

Stern Herrnhut

Ausgangspunkt für den 110-Zacker ist der zuvor konstruierte 26-flächige Rhombenkuboktaeder. Dieser besteht aus 8 Dreiecke und 18 Vierecke und hat somit Insgesamt 26 Flächen. Die ursprünglichen 8 Dreiecke werden jeweils so modifiziert, dass sie zu Sechsecken (S) erweitert werden. Dies geschieht, indem je zwei neue Kanten an den ursprünglichen Dreiecksseiten hinzugefügt werden. Die ursprünglichen 18 Vierecke werden zu Achtecken (A) erweitert, indem jede Ecke des Vierecks “abschnitten” wird.
An jeder Kante zwischen den neu entstandenen Sechsecken und Achtecken wird ein weiteres Quadrat (Q) eingefügt, um die Flächenzahl zu erhöhen und die Struktur weiterhin konvex (nach außen gewölbt) zu halten. Damit ist der 110-Zackige Grundkörper aber noch nicht vollständig.

Ob auch der 110-flächige Grundkörper ein konvexer Polyeder ist können wir wieder mit der Euler-Charakteristik überprüfen: Flächen + Ecken − Kanten = 2. Die Anzahl der Fläche ist mit 110 gegeben. Jede Fläche hat eine bestimmte Anzahl von Kanten K, und jede Kante wird zwischen zwei Flächen geteilt. K = 1/2 * (A * 8 + S * 6 + Q * 4). Die Anzahl der Ecken E: E = (2 * K) / Anzahl_Kanten_pro_Ecke. Da an jeder Ecke drei Kanten zusammentreffen, ergibt sich für E: E=2/3 * K.

Wir beginnen zunächst damit die Variablen in der Euler-Charakteristik zu bestimmen: F + E – K = 2. Wir wissen, dass F, die Summe aller Flächen,  110 betragen soll, d.h. F = A + S + Q = 110. Der Zusammenhang zwischen der Anzahl an Ecken E und Kanten K ist ebenfalls bekannt, da sich an jeder Ecke immer genau drei Kanten treffen und jede Kante mit zwei Ecken verbunden ist. Es gilt somit E = 2/3 * K. Wir können F und E somit in die Formel der Euler-Charakteristik einsetzen und erhalten: 110 + 2/3 * K – K = 2. Für K, die Anzahl an Kanten ergibt sich der Wert 324.

Wir wissen damit noch nicht, aus wie vielen Achtecken A, Sechsecken S und Quadraten Q der Grundkörper besteht. Mögliche Werte für A, S, Q und K müssen jedoch ganzzahlig und, aufgrund der Symmetrieeigenschaften der konvexen Polyeder, durch 2 teilbar teilbar sein. Wir können zudem annehmen, dass es von jeder Form mindestens 8 Flächen gibt, da bereits der Rhombenkuboktaeder mindestens 8 Flächen einer Form hat. Rechnet man nun alle verbleibenden Kombinationen von A, S und Q durch, ergeben sich 19 verschiedene Kombinationen für die Werte, so dass deren Summe F = 110 beträgt. Die Werte für A steigen in 2er-Schritten von 14 bis 44. S fällt in 2er-Schritten von 76 bis 16, während Q in der gleichen Schrittfolge von 20 bis 50 steigt. Folglich gibt es theoretisch keine eindeutige Lösung und nicht nur eine Möglichkeit, einen 110-seitigen Grundkörper zu bilden. Es kann jedoch angenommen werden, dass weitaus weniger als 19 Kombinationen von A, S, und Q gibt, die sich geometrisch zu einem kugelartigen Körper zusammensetzen lassen. Aus dem obigen Foto des Skeletts kann man entnehmen, dass es mehr Sechsecke, als Achtecke und Vierecke gibt. Damit reduziert sich die Anzahl an möglichen Kombinationen auf 12.

Tabelle 1: Theoretische Kombinationen von Achtecken, Sechsecken und Quadraten für 110-Seitige konvexe Polyeder
Anzahl Achtecke (A) Anzahl Sechsecke (S) Anzahl Quadrate (Q)
14 76 20
16 74 22
18 72 24
20 70 26
22 68 28
24 66 30
26 64 32
28 62 34
30 60 36
32 58 38
34 56 40
36 54 42
38 52 44
40 50 46
42 48 48
44 46 50

Man erkennt auf dem Foto, dass die beiden sich drei mal im rechten Winkel kreuzenden und den Körper umspannenden Bänder aus der Folge A, Q, S, S, Q, A, Q, S, S, Q, A, Q, S, S, Q, A, Q, S, S, Q bestehen. Folglich gibt es mindestens 6*A, 16*S und 16*Q. Jedes Achteck berührt an den Diagonalen  weitere vier Achtecke, so dass es mindestens 6 * 5 Achtecke geben muss.

Anhand dieser Einschränkungen bleibt nur eine der theoretischen Lösung übrig, demnach der 110-Seitige Grundkörper aus 32 Achtecken, 40 Sechsecken und 38 Quadraten besteht. Die Abmessungen der Flächen sind einfach festzulegen, da alle Seitenlängen der drei Flächen gleich lang sind und es sich um regelmäßige Vielecke handelt, deren Seitenflächen alle gleich lang sind.

Überlegungen zu den Größenverhältnissen

Die konkreten Abmessungen von Grundkörper und Zacken kann man einer Variante des Herrnhuter Originals entnehmen. Anhand der mittlerweile großen Produktpalette fällt auf, dass es spitzere und gedrungenere Varianten des Sterns gibt.

Tabelle 2: Größen (in cm) und Verhältnisse der Grundkörper und Zacken handelsüblicher Herrnhuter Sterne
Durchmesser Grundkörper Lange Zacke Kurze Zacke Verhältnis Körper-Zacke Verhältnis Zacken
11,4 14,3 9,5 0,8 1,5

Es gibt dabei zwei interessante Größenverhältnisse, die sich auf die wahrgenommene Ästhetik eines Sterns auswirken. Zum einen ist es das Verhältnis aus der Größe des Grundkörper und der Länge der (längsten) Zacken. Zum anderen ist es das Längenverhältnis der unterschiedlichen Zacken. Anstatt diese Verhältnisse zufällig oder per Augenmaß zu bestimmen, gibt es jedoch in der Kunst und Gestaltpsychologie bewährte Größenverhältnisse wie den Goldenen Schnitt, die auch bei den Herrnhuter Sternen zur Anwendung kommen könnten. Tatsächlich beträgt das Verhältnis zwischen Grundkörper und Zacke 0,8. Auch zwischen den Zacken ist ein Verhältnis von 1,5 festzustellen.

Diese Verhältnisse orientieren sich also nicht am Goldenen Schnitt. Dazu müsste die Länge der Zacken im Verhältnis von 1,618 zueinander stehen. Hat der Grundkörper beispielsweise einen Durchmesser von 10 cm, so sollten die langen Zacken etwa 16,2 cm und die kleinen ebenfalls 6,2 cm lang sein. Ob Sterne mit diesen Größenverhältnissen gedrungen oder abstoßend spitz wirken, käme auf einen Versuch an.

Zu guter Letzt bleibt die Frage, wie viele Zacken ein schöner Weihnachtsstern überhaupt braucht. Die Wahrnehmung beeinflussen hierbei die empfundene Einfachheit in Abgrenzung zu einem trivialen vierzackigen Stern. Einfachheit kann durch die Anzahl unterschiedlicher Flächen des Grundkörpers und somit auch der Anzahl unterschiedlicher Zacken bestimmt werden. Während nur eine Fläche und Zacke wie beim vierzackigen Stern zu simple oder trivial erscheint, gewinnt der 26-seitige Grundkörper mit den zwei unterschiedlichen Zacken an Interessantheit. Dies nicht zuletzt, weil seine Form bereits nach kurzer Betrachtung nachvollziehbar ist. Beim 110-Zacker ist dies nicht mehr unbedingt der Fall, da allein regelmäßige Achtecke, anders als Vier- oder Sechsecke, von den meisten Menschen nicht mehr als eine Einheit erfasst werden können. Man beginnt die Kanten oder Ecken zu zählen und muss sie aufmerksam von den ähnlich erscheinenden Sechsecken differenzieren.

Angesichts der hohen Zahl von Flächen bleibt ohnehin die Frage, ob die Betrachter:innen den komplexen Körper nicht ohnehin zu einer Kugel ergänzen. In der Gestaltpsychologie ist dieses Phänomen als Gesetz der Prägnanz bekannt. Es besagt, dass das menschliche Wahrnehmungssystem dazu tendiert, einfache, regelmäßige und symmetrische Formen zu bevorzugen und komplexe oder unregelmäßige Formen in möglichst einfache, bekannte Strukturen zu organisieren. Konvexe Polyeder werden demnach als Annäherungen an die Form einer Kugel wahrgenommen – ganz gleich wie viel Mühe wir uns mit der Konstruktion konvexer Polyeder geben. Der Herrnhuter Stern ist oberflächlich betrachtet also eine mit Zacken verzierte Kugel. Dennoch stellt der Grundkörper dieses Sterns einen guten Kompromiss dar, um als Kugel wahrgenommen und trotzdem mit einfachen geometrischen Formen konstruiert und gefertigt werden zu können.

Symmetrie ist eine weitere, die ästhetische Wahrnehmung bestimmende Eigenschaft. Während Symmetrie in der Fläche für uns leicht zu erfassen ist, bedarf zur Erkennung von Symmetrie in räumlichen Gegenständen eine Betrachtung von mehreren Seiten. Auch hier erschwert die zunehmende Anzahl unterschiedlicher Flächen, das Erkennen von Symmetrie. Während der 26-Seitige Grundkörper drei Bänder aus quadratischen Flächen aufweist, sind es beim 110-Seitigen Grundkörper schon Reihen von drei unterschiedlichen Flächen, die ein oder auch zwei mal in Folge auftreten können. Der Herrnhuter Stern in seiner verbreiteten Variante ist also ein guter Kompromiss zwischen einfachen Formen und gerade noch erfassbaren geometrischen Formen. Das Produkt stellt einen notwendigen Anspruch an die Betrachter, überfordert sich jedoch (zumeist) nicht. Der 110-Zacker bleibt hingegen der Auffassungsgabe voraus und deshalb dem Ladentisch fern.

112 Tage noch bis zur Bekanntgabe der Finalisten der Google Impact Challenge

Anfang des Jahres hatte ich mich für zwei Vorhaben stark gemacht und ins Rennen der Google Impact Challenge geschickt:

Lusatio: Netzwerk für Oberlausitzer im Ausland.

270.000 Oberlausitzerinnen haben seit 1990 die Region verlassen. Abwanderung und
Überalterung schwächen Wirtschaft, Kultur und das Vertrauen in die
Demokratie.

Inspiriert von den Südsternen in Südtirol soll eine Online Community geschaffen werden, die sich durch die Ideen und den Einsatz der besten oberlausitzer Köpfe im Ausland ständig
weiterentwickelt und im ständigen Dialog mit der oberlausitzer Wirtschaft und Gesellschaft steht. Die deutschland-/weltweit ausgewanderten Oberlausitzer_innen werden sich in der Community vernetzen, ihre Identität als Oberlausitzer_innen erkennen und eine engere Bindung mit den Menschen, Institutionen und Unternehmen der Region eingehen.

Zusammen mit den Studierenden im Kurs “Gestaltung kooperative Systeme” haben wir am letzten Samstag ein Konzept für eine solche multilokale Community entwickelt und viele Ideen gesammelt.

Das Vorhaben erfolgt unter der Schirmherrschaft des Integralis e.V. und dem “Bündnis Zukunft Oberlausitz”.

Theresienstädter Propagandafilm: Fake-News 1945 und heute.

Die NS-Zeit erscheint vielen im Geschichtsunterricht und bei Gedenkstättenführungen als abstrakt, ohne Bezug zu aktuellen Themen, Opfern, Tätern und Schauplätzen.
Am Beispiel des NS-Propagandafilm »Theresienstadt« wollen wir zeigen wie geografische, biografische und die Propaganda entlarvende Annotationen kommentiert und mit Ansichten heutiger Plätze und aktuellen Beispielen für Methoden zur Meinungsmanipulation kontrastiert werden können.
Das Ziel besteht darin, Jugendliche zum kritischen Umgang mit audiovisuellen Medien anzuregen und historische Zusammenhängen am Beispiel des Theresienstädter Propagandafilms als interaktiven Lernfilm darzustellen.

Das Vorhaben erfolgt unter der Schirmherrschaft der Jugendbegegnungin Theresienstadt/Terezín e.V.. Weitere Kooperationen mit Karel Magry und Historikern von der FernUniversität in Hagen sind geplant.

Zehn PEGIDA Witze

Abgesehen von #schneegida gibt es scheinbar noch keine PEGIDA-Witze. Ich mache hiermit einen Anfang und bitte um weitere Zusendungen.

 

Was ist der Unterschied zwischen PEGIDA und der Dresden Stadtreinigung?
Die Stadtreinigung sorgt für Ordnung und Sauberkeit.

 

Warum demonstriert PEGIDA immer montags? Weil dann der Rausch vom Wochenende noch anhält.

 

Warum demonstriert PEGIDA immer abends?
Aus Angst mit der Sonne würde auch das Abendland untergehen.

 

Was ändert sich nach einer PEGIDA-Demo?
Der Wochentag.

 

Warum demonstriert PEGIDA neben der Dresdner Schlosskirche?
Weil sie dachten, der Kirchturm sei ein Minarett.

 

Was macht ein PEGIDA-Anhänger nach der Demonstration?
Sein Bild in der Lügenpresse suchen.

 

Kommt ein PEGIDA-Anhänger in den Zeitungsladen.

 

Was wäre Dresden ohne PEGIDA?
Eine Stadt, in der rechtes Gedankengut ebenso weit verbreitet ist, wie im Rest des Freistaats.

 

Welche Sportarten bevorzugen die Anhänger von PEGIDA?
– stehend Spazierengehen
– an der Kuppel des Lüpsiusbaus Lügen auspressen
– Schach nur mit Bauern und König
– Transparent-Mikado
– Stammtischtennis
– Ringen, römisch-katholisch
– Maulkorbball

 

Was würde passieren, wenn PEGIDA einen eigenen Staat gründen würde?

  • Deutschland müsste keine Mauer darum bauen, weil PEGIDA es selber täte.
  • Alle in Deutschland lebenden PEGIDA-Anhänger würden man dorthin abschieben.
  • Bachmann könnte wieder koksen.
  • Das Abendland wäre nicht mehr bedroht.
  • Die AFD würde in Deutschland als ausländische Partei verboten werden.
  • Der Islamische Staat könnte dort seine erste ständige diplomatische Vertretung eröffnen.
  • Die Stadt Dresden könnte montags eine andere rechte Gruppe auf dem Theaterplatz demonstrieren lassen.

Noch mehr Ausländer

Der Integrationsbeirat Saarbrücken startete vor ein paar Jahren eine hübsche Plakatkampagne, die heute aktueller denn je ist.
Dargestellt waren jeweils Haustiere, deren natürliches Verbreitungsgebiet nicht in Deutschland liegt. Die Tiere sind also auch irgendwie Migranten.

Der Goldhamster zum Beispiel. Sein natürliches Verbreitungsgebiet liegt in Syrien, genauer in der Hochebene bei Aleppo. Etwa 1 Million dieser Tiere gibt es in Deutschland (Stand 1990). Dazu passt der Text auf dem Plakat: “Wenn es so einfach ist, einen Einwanderer aus Syrien zu akzeptieren, wo ist dann eigentlich das Problem?”


Siehe Bildquelle, Webseite des Integrationsbeirats

Im Hamsterrad der Drittmittel: Anti-Patterns effizienter Forschung und Lehre

1. Anti-Pattern: Mikrofinanzierung

Die Freiheit von Forschung und Lehre ging früher wohl einmal mit der finanziellen Freiheit einher, das Budget einer Professur im Sinne der Kernaufgaben auszugeben. Mit der Umstellung auf Drittmittelforschung konnte man sich diese Freiheit zumindest noch erkämpfen, in dem man gute Anträge schrieb und sich gegenüber der Konkurrenz behauptete. Da gewisse Drittmittelgeber nur nur bestimmte Kostenstellen finanzieren, können in den anderen Kostenstellen Lücken aufklaffen. Beispielsweise sind Reisemittel oft ausgschlossen oder auf eine bestimmte Region (Deutschland) beschränkt, während Forscher gleichzeitig zur Internationalisierung und zum Aufbau internationaler Kontakte angehalten sind. Um ein solches Loch im Drittmittelsack zu stopfen gibt es kleinere Finanzierungsmöglichkeiten, z.B. beim DAAD, der DFG oder an den Universitäten (z.B. die Graduierten Akademie der TU Dresden). Diese Mikrofinanzierungen betreffen aber auch Zuschüsse für Hilfskräfte, die dann eigenständig und freilich ohne Zuarbeit eine Forschungsfrage beantworten. In ähnlicher Weise können auch minimale Aufstockungen, etwa um 25% der Vollzeitäquivalente, als eine Mikrofinanzierung angesehen werden.

Eine weitere Konsequenz entsteht bei der Verwertung der Projektergebnisse. Durch die Zerstückelung von Stellen und Aufgaben kann ein erzieltes Ergebnis nicht mehr einwandfrei mit einem Projekt in Zusammenhang gebracht werden. In Folge verwertet man seine Ergebnisse (z.B. Publikationen) in mehreren Projektberichten. Im Extremfall ist das Subventionsbetrug, zumindest erzeugt es jedoch Redundanzen in Abschlussberichten.

2. Anti-Pattern: Wer nicht will der hat schon

Die Fakultäten erhalten in Sachsen nur 90% der ihnen zugesagten Mittel, wobei einzelne Professuren (oder Verbünde) um die fehlenden 10% der Mittel in Antragsverfahren miteinander konkurrieren. Wer sich also nicht um diese Mittel bemüht, d.h. sich am Vergabeverfahren beteiligt, geht einfach leer aus. Lehrstühle sollen damit die Initiative ergreifen und sich um eine Fortentwicklung von Lehre, Forschung und Organisation bemühen. Business as usual wird damit bestraft und Handlungsspielräume werden eingeschränkt. Da dieses Prinzip die ungleiche Kapazitäten und Belastungen einzelner Lehrstühle nicht berücksichtigt, ist eine Chancengleichheit nicht gewährleistet. Für den Ablauf des Begutachtungsverfahrens ist das Ministerium verantwortlich, d.h. von Fairness und Objektivität ist auszuegehen.

3. Anti-Pattern: Matroschka- oder Schneeball-Prinzip

Projektverantwortliche starten innerhalb ihres Drittmittelprojekts eine Ausschreibungen, um kleinere Geldbeträge nach selbst definierten Kriterien innerhalb einer bestimmten Zielgruppe zu verteilen. Wer diese Gelder bekommen möchte, muss sich mit einem Antrag darum bemühen und die Kriterien erfüllen. Was früher eine Stellenausschreibung war, sind hier die Förderrichtlinien. Statt eines Bewerbungsschreibens, wird ein Antrag eingereicht. Das Begutachtungsverfahren unterliegt keiner Kontrolle und werden in der Regel durch assoziierte Personen und Projektmitarbeiter getragen. Die üblichen Hüter der Chancengleichheit für Frauen und Menschen mit Behinderung, bleiben außen vor. In der Regel ergeben sich daraus nur sehr kurzfristige Finanzierungen von Wissenschaftlichen Mitarbeitern oder Hilfskräften mit limitierten Sach- und Reisemitteln.

4. Ein Vorschlag für eine Metrik der Drittmitteleinwerbung

Der Dschungel verschachtelter und kleinteiliger Fördermöglichkeiten nimmt zunehmend mehr Zeit in Anspruch. Um dieses subjektive Empfinden zu quantifizieren, schlage ich einige Kennzahlen vor, die jeder für sich oder für seine Struktureineinheit  erheben kann. Interessant ist daran nicht nur der Vergleich zwischen verschiedenen Personen oder Abteilungen unter dem Dach einer Hochschule, sondern auch der Längsschnitt über meherere Jahre hinweg. Dem einzelnen können diese Zahlen vielleicht helfen, den Blick auf das Wesentliche, d.h. die Kernaufgaben, wieder zu schärfen und dem Hamsterrad der Drittmittel zu entkommen. Es wäre zu begrüßen, wenn wir im Sinne dieser Kernaufgaben wieder effizienter arbeiten könnten, anstatt massenhaft Antragsprosa im Markettingsprech zu formulieren.

Die folgenden Vorschläge für Metriken beziehen sich jeweils auf ein Kalenderjahr und alle eingereichten Drittmittelanträge, einschließlich mehrstufiger und nicht erfolgreicher Anträge.

  • Geschriebene Zeichen im Antragstext (zzgl. Zwischen-/Abschlussbericht) pro eingeworbenem Euro.
  • Verhältnis der in Anträgen geschriebenen Zeichen (zzgl. Zwischen-/Abschlussbericht) zur Zeichenanzahl aller Publikationen.
  • Kumulierte Anzahl der Manntage für  Planung, Erstellung von Anträge pro eingeworbenen Manntage.
  • Summe der Manntage, an welchen man sich mit der Planung, Erstellung von Anträge bzw. der Berichterstattung beschäftigt hat.

5. (Dritt-)Mittel der Wahl?

Im kleinen Hamsterrad im Getriebe der Hochschulen muss man sich schön mitdrehen, funktionieren. Aus anderen Ländern wissen wir jedoch, dass dieses System nicht alternativlos ist. Für klassische Finanzierung eines Mittelbaus machen sich bereits Mittelbauinitiativen stark, doch es gibt auch alternative Möglichkeiten Forschung und Lehre jenseits der Hochschulen zu betreiben. Vielleicht ist letzteres auch gewollt, um die fähigen Leute in die Arme der Wirtschaft zu spielen. Wenn jedoch das Ziel darin besteht, Forschung und Lehre zu bestreiten, gibt es sicher noch weitere Alternativen. Ich versuche es mal mit einer Auflistung:

  • Forschung durch Bürgerwissenschaft. Siehe http://www.buergerschaffenwissen.de/
  • Lebenslanges Lernen (und Lehren) anhand freier Lernressourcen, Forschungsergebnisse, …
  • Studentische Initiativen, die durch eigene Lehrangebote von der üblichen Lehrmeinung in den Wirtschaftswissenschaften abrücken. Siehe Impuls, Internationale studentische Initiative für Pluralismus in der Ökonomie (ISIPE)
  • Der Versuch das Konzept der Klöster auf eine atheistische Art und Weise neu zu erfinden ist mit den unMonastery wohl gelungen. Klöster waren im Mittelalter, weit vor der Gründung der ersten Universitäten, die einzigen Orte, in denen Menschen geforscht und gelehrt haben. Die strikte Lebensführung, sowie die Kombination aus körperlicher Arbeit (neudeutsch Sport) und Kopfarbeit erscheint auch in der heutigen Zeit weniger ungewöhnlich, als man glaubt.

 

Hypervideo: Kubikfoto des Braunkohleabbaus in der Lausitz

Greenpeace engagiert sich seit geraumer Zeit gegen die Erschließung weiterer Braunkohletagebaue in der sächsischen und brandenburgischen Lausitz. Ein Ausdruck dieses Engagement zeigt sich in einer sehr ästethischen Kampagne braunkohle.info.
Umgesetzt wurde diese von einer Bremer Agentur namens Kubikfoto. Das gleichnamige Produkt verknüpft Fotos und kurze Videos zu einem interaktiven Storyspace. Nach dem Prinzip Detail on Demand kann der Anwender die Bilder oder Videos per Klick vertiefen und immer neue kurze Geschichten, Berichte, Fotoalben, Panoramabilder usw. betrachten. Man könnte auch sagen, dass Kubikfoto das Konzept von Prezi mit Hilfe von Videos umsetzt, wobei es Hypervideos dieser Art schon seit den 1970er Jahren gibt. Angereichert sind auch kleine Spiele, in denen Benutzerinteraktionen, wie das Ab- und Aufhängen eines Bildes, die Wiedergabe von Medien auslösen.

Sehr beeindruckend sind dabei die Übergänge zwischen den Szenen. In einer Mischung aus Stop Motion und Motion Blur verschwimmt der Weg zwischen zwei Drehorten in einem kontinuierlichen Fluss. Jenseits von Forschungprototypen habe ich auch eine Zeitleistensteuerung innerhalb des Videos noch nicht gesehen. Während die kurzen Clips gänzlich ohne Zeitleiste auskommen, kann man in einigen Filmen ein Scrubber im Videobild hin und her schieben, um die Abspielposition zu variieren.
Bemerkenswert finde ich auch Möglichkeit innerhalb des Betrachtungsfensters das darin befindliche Video oder Bild per Maus zu verschieben. Dadurch wirkt es, als könne man sich in einer Szenerie selbst umsehen.

Zusammengefasst erachte ich Kubikfoto als eine der bemerkenswertesten Hypervideo-Realisationen, die ich in den letzten Jahren gesehen habe. Trotzdem der Produktionsaufwand in den Kubik-Studios offenbar sehr hoch ist und das zur Umsetzung notwendige Werkzeug das Kapital der Agentur darstellt, wäre eine stärkere Interaktion mit den Nutzer wünschenswert. In den USA hätte man für dieses Tool sicher genug Risikokapital auftreiben können, um eine Kubik-Community oder ein Kubik-Portal zu entwickeln. Warum verstecken sich die Deutschen immer hinter ihren kleinteiligen Lösungen, anstatt sie groß raus zubringen? Ich sehe hier auch sehr viel Potential im Bereich der Gamification, die über die halbherzigen YouTube Games hinausgehen. Ich würde jedenfalls gern ein paar der UI Konzepte aufgreifen und im Kontext des Lernens mit Videos umsetzen.

Der Braune Hirsch aus Lübeck*

Die Kontroverse über den Lübecker Unternehmer und Professor Winfried Stöcker ist im vollem Gange. Nachdem Stöcker in seinem Görlitzer Jugendstilkaufhaus ein Benefizkonzert zugunsten von Flüchtlingen untersagt hatte, katapultierte er sich in einem Interview mit der Sächsischen Zeitung ins rechte Abseits. Ich zitiere:

  • “Mir sind aber so viele ausländische Flüchtlinge nicht willkommen.”
  • Über die Flüchtlinge aus Afrika: “Die reisefreudigen Afrikaner sollen sich dafür einsetzen, dass der Lebensstandard in ihrem Afrika gehoben wird, anstelle bei uns betteln zu gehen.”
  • “Vor zwanzig Jahren haben sich in Ruanda die Neger millionenfach abgeschlachtet.”
  • “Aber sie [die Türken] haben nach meiner Auffassung kein Recht, sich in Deutschland festzusetzen und darauf hinzuarbeiten, uns zu verdrängen, darauf läuft es hinaus, wenn nicht gegengesteuert wird!”
  • “Viele Türken kommen auf einer Einbahnstraße in unser Land, indem die Eltern ihre Kinder ganz gezielt in Richtung Deutschland verheiraten, es heiratet niemand in die andere Richtung.”

Der MDR gab Stöcker nun die Gelegenheit seine Worte ins richtige Licht zu rücken. Dabei milderte er seine Wortwahl, argumentierte jedoch weiter gegen Zuwanderung und sogar gegen das Weihnachtsfest. Dies gefiel den Görlitzern überhaupt nicht. Der OB Deinige kritisierte Stöcker heftig. Der Förderverein des Kaufhauses am Demianiplatz löste sich kurzerhand auf. Einige Empfänger von Stöckers Geldgeschenken, gaben das Geld zurück.

Die Görlitzer haben damit Mut bewiesen, ihre Werte nicht für das Geld eines Investors zu verkaufen. Doch am finanziellen Tropf des Mäzens hängt nicht nur Görlitz. Viele weitere Kommunen sowie soziale und kulturelle Einrichtungen listen Stöcker als Sponsor und Unterstützer. So ist Winfried Stöcker beispielsweise ein privater Mäzen der Bayreuther Festspiele, des Lübecker Theaters und der Semperoper bzw. der Dresdner Staatskapelle. Auch die Diakonie-Sozialwerk Lausitz und ** das Herrnhuter Hospiz unterstützt er privat oder im Namen seiner Firma. Wahrscheinlich fördert er noch dutzende andere Einrichtungen. Es lässt sich nicht recherchieren, denn er prahlt damit nicht. Im Besonderen wirkt Stöcker in der Gegend von Bernstadt und Herrnhut. In Herrnhuts Ortsteil Rennersdorf unterhält Stöcker einen Standort von Euroimmun. In Bernstadt ist er aufgewachsen, dort betreibt er u.a. einen Kindergarten, ein Kulturzentrum (Kiesdorf) und das Traditionshotel “Brauner Hirsch”.

Die Frage ist nun, welche dieser Einrichtungen und Kommunen den Mut aufbringen, sich gegen Stöckers fremdenfeindliche und rassistische Meinung zu stellen. Vor allem die Stadt Herrnhut*** mit ihrer christlichen und humanistischen Tradition täte gut daran, ein Zeichen der Nächstenliebe und Toleranz auszusenden. Herrnhut würde ohne Zuwanderung der “reisefreudigen” Glaubsflüchtlinge aus Böhmen und Mähren gar nicht existieren. Bernstadt hat dahingehend keine so starke Tradition und befindet sich in einer ungleich größeren Abhängigkeit von Euroimmun und Stöckers Engagement. Dennoch ist es falsch, sich durch ein Schweigen gegen die nach Bernstadt zugewanderten Menschen und die christliche Tradition des auf klösterlichen Land gegründeten Ortes zu stellen.

** Update: Die Stiftung Diakonie-Sozialwerk Lausitz hat die von W. Söcker erhaltenen Gelder laut Frau Stephanie Giert zurückgegeben und konnte den Ausfall durch andere Spender kompensieren.

*** Update: Eine Anfrage bei der Stadtverwaltung blieb bislang unbeantwortet.