Modellprojekt: Zittau nimmt 2000 asylsuchende Familien auf

[Fiktion] Ein beschauliches Städtchen im Süden der Oberlausitz beweist großen Mut und begegnet den demographischen Problem der Überalterung und der wenigen Geburten mit einer traditionellen Lösung. 2000 Familen, die wegen ihres Glaubens aus ihrer Heimat in Tunesien, Irak, Ägypten und Palästina fliehen mussten bot die Stadt Zittau vor gut zwei Jahren Asyl und ein neues Zuhause.
Diese ungewöhnliche Idee geht auf die Tra­di­tion des Grafen Nikolaus von Zinzendorf zurück, der im 18. Jahrhundert mehrfach Glaubensflüchlingen aus Böhmen, Mähren und Schlesien auf seinem Grund und Boden Siedlungsraum gewährte. Die Stadt Herrnhut sowie einige Siedlungen in Berthelsdorf zeugen heute noch von der Mildtätigkeit des Grafen. Aber auch andere Städte schlugen in jüngerer Vergangenheit ähnliche Wege ein. In der spa­ni­schen Stadt Agua­viva siedelte man gezielt Ar­gen­ti­nier und Ru­mä­nen an.

Zittau ist seit den 1980er Jahren durch Abwanderungen von einst 40.000 Einwohnern auf gerade einmal 20.000 geschrumpft – trotz Eingemeindungen. In der Innenstadt betrug der Leerstand an Wohnungen bis vor wenigen Jahren noch 40%. Viele Häuser waren mangels Bewirtschaftung dem Verfall Preis gegeben. Die touristische Attraktivität schwand mit dem Verfall des mittelalterliche Ensembles, dieser einst als reich bezeichneten Stadt.

Heute ist wieder Leben eingezogen. Fast alle Häuser sind bewohnt und die Ladenstraßen sind stark frequentiert wie einst in den 1980er Jahren. Sogar die Wirtschaft boomt vergleichsweise. Bislang profitierten vor allem die sächsischen Metropolen Dresden und Leipzig von den Zuwanderern aus ländlichen Regionen. In einem Modellprojekt gelang es der Stadt Zittau nun 2000 Familien zum Umzug nach Zittau zu bewegen. Nicht ganz freiwillig, denn es handelt es sich bei ihnen um Asylbewerber, die in Deutschland allgemein über kein freies Residenzrecht. Aufgrund ihres Glaubens in ihrer Heimat verfolgt, kamen sie nach Deutschland. Laut UNHCR gab es 2010 25,2 Millionen Glaubensflüchtlinge. Deutschland ist weltweit das viertgrößte Gastgeberland für Asylsuchende. Insgesamt 594.300 Menschen leben verteilt auf Städte und Gemeinden in Deutschland. Vertreter der Stadt Zittau bewirkten beim Auswärtigen Amt genau jene Asylbewerber in Zittau anzusiedeln, die aus religiösen Gründen verfolgt und zudem als Fachkräfte ein gewisses Know-How mitbringen. Als drittes Kriterium wählte man insbesondere Familien und Frauen aus.

Die größte Herausforderung bestand in der sanften Integration der neuen Zittauer Bürger. Exemplarisch gelang es den Vertretern der Stadt örtliche Institutionen wie die beiden Hochschulen und natürlich die Kirche einzubeziehen. Spezielle Bildungs- und Weiterbildungsangebote waren notwendig, um den Asylsuchenden sprachliche und wirtschaftliche Kenntnisse zu vermitteln. Fachkenntnisse sind unabdingbar, denn das allgemeine Arbeitsverbot für Asylanten wurde angesichts des großen Fachkräftemangels in der Region außer Kraft gesetzt.
Das IHI Zittau spielte bei der Qualifizierung der Zugezogenen eine zentrale Rolle, da es seit Jahren vornehmlich Anlaufpunkt für ausländische Studierende ist. Die Kirche kümmerte sich insbesondere um den Empfang der Familien und sorgte für deren Quartiere. Entscheidend war jedoch die Unterstützung aus der Bevölkerung, welche durch Patenschaften, gemeinsame Feste und Hilfe bei der Existenzgründung enge Beziehungen entstehen ließ.
Im Gegenzug gewährte man den neuen Stadtbürgern Mitspracherechte, die sie durch gewählte Vertreter insbesondere gegenüber dem Stadtrat geltend machen können. Als größter Erfolg erwies sich die kulinarische Gasse, auf der tunesische, syrische, irakische und kosovarische Spezialitätengeschäfte und Restaurants eröffneten und nunmehr sogar Gäste aus dem tschechischen Liberec und dem polnischen Wroclaw anlocken.

In Zittau hat sich das Projekt bewehrt. Ob es auf andere entvölkerte Regionen in Brandenburg, Nordbayern oder Niedersachsen übertragbar, bleibt ungewiss. Aufgrund der Grenznähe zu Polen und Tschechien gibt es speziell in der südlichen Oberlausitz eine kulturhistorisches Klima, auch anders denkenden und andersgläubigen Menschen Gastfreundschaft entgegen zu bringen.
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