Oststerne

Mit dem Jahreswechsel verlor nicht nur mein oberlausitzer Heimatdorf Berthelsdorf seine Eigenständigkeit, sondern auch die universitäre Einrichtung im südöstlichen Zipfel Sachsens, an der ich arbeite und forsche. Die Gemeinde Berthelsdorf ist nun ein Ortsteil des weltbekannten Städtchens Herrnhut, genau wie das Internationale Hochschulinstitut (IHI) Zittau nun eine Zentrale Wissenschaftliche Einrichtung der ebenso weltbekannten und exzellent betitelten TU Dresden geworden ist.

Beide Eingliederungen sind eine Ironie der Geschichte. Herrnhut selbst wurde 1722 auf Berthelsdorfer Grund und Boden gegründet (Korschelt 1852, S. 96) und hatte es bereits 100 Jahre später an Bedeutung übertroffen. Jetzt, nach 290 Jahren hat das Städtchen in einer Ödipus-Manier ihren Vater einverleibt. Das IHI Zittau verschaffte dem Hochschulstandort Zittau 1993 das Promotions- und Habilitationsrecht, welches die 1988 gegründete Technische Hochschule Zittau nach zwei Jahren ihrer Existenz, im Zuge der Deutschen Einheit, schon wieder verloren hatte. Die einstige Technische Hochschule Dresden und heutige TU hat damit per Gesetz ihre Schwestern-TH in der Oberlausitz „geschluckt“. Das IHI ist damit vielleicht die am weitesten entfernte Außenstelle einer deutschen Universität (126km), wenn man einmal von den fern- und nahöstlichen Zweigstellen absieht. Trotz aller Übernahmen, Fusionen und Zusammenlegungen liegt das Positive vielleicht in der Summe der Teil, die das Ganze übertreffen. Ernst F. Schumachers Leitsatz „small is beautiful“ (Claim des IHI) ist zumindest im demographisch gewandelten Sachsen passé.

Die Idee, Strukturen bzw. Organisation zusammenzuschließen lässt sich jedoch auf die Beziehungen der Menschen übertragen. Wenn sich Menschen mit gemeinsamer Heimat in einem Netzwerken zusammenschließen und ihre spezifische Kultur pflegen und sich in der Diaspora bzw. im freiwilligen Exil gegenseitig unterstützen, dann kann daraus ein positiver Effekt für den Einzelnen und eine positive Rückkopplung für die Region entstehen. Dem Südtiroler Beispiel der Südsterne folgend, könnte das dann so aussehen:

Oststern*

Oststern ist das Netzwerk der Oberlausitzer im Exil und unterstützt die Kommunikation und Netzwerkbildung unter Oststernen.

 

Die Idee zu Oststern wurde im Sommer 2012 geboren. Immer mehr Oberlausitzer haben nach dem Studienabschluss erste berufliche Erfahrungen außerhalb ihrer Heimat gesammelt. Zwar waren diese Oberlausitzer immer noch durch Familie und Freunde an die Region gebunden, hatten aber kaum die Möglichkeit berufliche und private Interessen mit ähnlich gesinnten Oberlausitzern im Exil zu teilen und den Kontakt zur Heimat zu stärken.

 

Oststern – Das Netzwerk der Oberlausitzer im Exil fördert den branchenübergreifenden Gedanken- und Erfahrungsaustausch berufstätiger Oberlausitzer im Exil. Oststern unterstützt Oststerne im beruflichen und privaten Alltag und fördert deren Erfolg und persönliche Weiterentwicklung.

 

Gegenseitige Hilfestellung, Eigeninitiative, Freude an der Sache, Flexibilität, Schnelligkeit und Spaß sind Grundwerte des Netzwerkes, das auf dem Prinzip von Geben und Nehmen aufbaut.
Oststern bezieht seine Homogenität aus den gemeinsamen Wurzeln der Mitglieder und lebt von deren Verschiedenartigkeit. Oststern versteht sich als Nährboden neuer zukunftsweisender Ideen und Kontakte, als Know-How-Träger und –vermittler.

 

Oststern befürwortet den Gang ins Exil, schafft interessante Anknüpfungs- und Verbindungspunkte für Exil-Oberlausitzer und erleichtert bei Bedarf den Weg zurück durch ein Netzwerk von Förderern und Ansprechpartnern.

Ich halte eine solche Idee in der Oberlausitz für umsetzbar. Technisch wäre dies ein Social Network Plattform. Im Unterschied zu Facebook & Co ist das Netzwerk für Akademiker bestimmt, die von anderen Südsternen eingeladen bzw. empfohlen werden.

Modellprojekt: Zittau nimmt 2000 asylsuchende Familien auf

[Fiktion] Ein beschauliches Städtchen im Süden der Oberlausitz beweist großen Mut und begegnet den demographischen Problem der Überalterung und der wenigen Geburten mit einer traditionellen Lösung. 2000 Familen, die wegen ihres Glaubens aus ihrer Heimat in Tunesien, Irak, Ägypten und Palästina fliehen mussten bot die Stadt Zittau vor gut zwei Jahren Asyl und ein neues Zuhause.
Diese ungewöhnliche Idee geht auf die Tra­di­tion des Grafen Nikolaus von Zinzendorf zurück, der im 18. Jahrhundert mehrfach Glaubensflüchlingen aus Böhmen, Mähren und Schlesien auf seinem Grund und Boden Siedlungsraum gewährte. Die Stadt Herrnhut sowie einige Siedlungen in Berthelsdorf zeugen heute noch von der Mildtätigkeit des Grafen. Aber auch andere Städte schlugen in jüngerer Vergangenheit ähnliche Wege ein. In der spa­ni­schen Stadt Agua­viva siedelte man gezielt Ar­gen­ti­nier und Ru­mä­nen an.
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Braindrain Zittau – Konstanz

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“Das Plakat bringt auf eine schlichte, aber zugleich pfiffig eingängige Art und Weise zum Ausdruck, was Konstanz ausmacht: Nicht nur aufgrund seiner einmaligen Lage am Bodensee eine hervorragende Lebensqualität bieten zu können, sondern darüber hinaus auch Stätte für Spitzenforschung und innovative Technologien und Wirtschaftsunternehmen zu sein”. Ja, das mag Konstanz sein.

Doch ist es nicht makaber in einer Stadt wie Zittau, die massiv unter der Abwanderung junger gut ausgebildeter Leute zu leiden hat, auch noch für diesen Braindrain zu werben? Sind die Eigentümer dieser Werbeflächen derart gierig, dass sie für den Fortgang ihrer Kinder und den damit verbundenen Niedergang der Region werben lassen?

Bei genauerer Betrachtung fällt der erwähnten Zielgruppe dann hoffentlich auf, dass Konstanz nicht zweifelsfrei die Stadt am Wasser (H2O), sondern die Stadt am Formaldehyd (CH2O) zu sein scheint. Die Umrisse des Bodensees wurden auf dem Plakat mit H2O-Symbolen aufgefüllt, die jeweils aus zwei sternförmig angeordneten H und einem O bestehen, welche durch drei Strichen verbunden sind. Chemiker erinnern diese Symbole am ehesten an Formaldehyd, statt an Wasser. Den Zittauern belibt diese subtile Feststellung hoffentlich nicht verborgen.

Ich rufe hiermit zu einen Gegenentwurf eines Plakates mit dem Titel “Zittau – Die Stadt an der Kohle” oder “Zittau – Die Stadt mit Grenzwert” auf. Einreichungen als Kommentar-Link oder via Mail an: niels atttt nise81 dotttt com.

Die demographische Realität in der Oberlausitz am Beispiel Berthelsdorfs

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Um sich von den demographischen Veränderungen in der Oberlausitz ein Bild zu machen, braucht man eigentlich kaum mehr auf das umfangreiche Zahlenmaterial des Statistischen Landesamt zurückgreifen. Das gestiegene Durchschnittsalter und der Bevölkerungsrückgang spiegeln sich bereits mehr als offensichtlich im Straßenbild wieder. Trotz der dramatischen Auswirkungen auf die Infrastruktur und Lebensqualität in der Oberlausitz finden diese Tatsachen nur gelegentlich ihren Niederschlag in der lokalen Presse.
Die Daten über die Bevölkerungsentwicklung zwischen 1990 und 2009 offenbaren nichts gutes, die Modellrechnungen für die kommenden Jahre noch weniger. Wenn das Statistische Landesamt dem Landkreis Görlitz bis zum Jahre 2020 einem Bevölkerungsrückgang um 15,2% gegenüber dem Jahr 2006 prognostiziert [6], heißt das aber noch nicht, dass sich dieser Schwund auf alle Gemeinden im Landkreis gleichermaßen auswirkt.
Am Beispiel der Gemeinde Berthelsdorf stelle ich die bisherige und künftige Einwohnerentwicklung dar, um sowohl Ursachen, als auch Herausforderungen zu identifizieren. Mit der vorliegenden Studie soll eine breite, offene und meines Erachtens längst überfällige Auseinandersetzung mit den Folgen der demographischen Entwicklung für die Region Oberlausitz im Allgemeinen und für Orte wie Berthelsdorf im Speziellen angeregt werden. Im Zentrum der Disskussion steht allerdings nicht die Frage, wann der Ort ausstirbt, sondern was getan werden kann, um die Attraktivität des Dorfes und die Lebensqualität zu verbessern.




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Kurz-Studie: Demographische Realität in der Oberlausitz am Beispiel Berthelsdorfs

Mit dieser Studie soll eine breite, offene und meines Erachtens längstüberfällige Auseinandersetzung mit den Folgen der demographischen Entwicklung für die Region Oberlausitz im Allgemeinen und fü̈r Orte wie Berthelsdorf im Speziellen angeregt werden. Für die Untersuchung wurden sowohl historische Daten ausgewertet, als auch statistische Prognosen für die künftige Bevölkerungsentwicklung Berthelsdorfs angestellt.

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