Wikimania 2011: Wikipedia als Weltkulturerbe

Denkt man die UNESCO-Auszeichnung eines Weltkulturerbes, kommen einem sofort monumentale Bauwerke und Naturschönheiten in den Sinn. Dass jedoch auch die ‘French Cusine’ und der Tango mit die Listen einreihen, regt an, ganz andere Menschenwerke auszeichnen zu lassen.

Das deutsche Chapter der Wikipedia bemüht sich seit einiger Zeit darum, die WIKIPEDIA als Weltkulturerbe anerkennen zu lassen. Ein solches Ansinnen ist zunächst erst einmal verzwickt, weil die Wikipedia eine internationale Plattform ist, doch entsprechende Anträge zur Aufnahme in die Kulturerbeliste von nationaler, d.h. staatlicher Seite kommen muss. Welcher Staat soll das tun? Auch gibt es noch keine passende Kategorie, wie ‘Wissen’ oder ‘Digital Media’.

Der Reiz einer solchen Auszeichnung ist weniger ein finanzieller, als ein ideeller. Der weltweite Bekanntheitsgrad würde steigen. Kritiker der Wikipedia, auch jene an Universitäten, fiele es schwerer gegen ein solches Prädikat anzukämpfen. Auch die Erwartungen hinsichtlich Auswahl und Qualität der Inhalte wären eine andere.
Könnte eine, der Hochkultur zugehörige Wikipedia dann weiterhin Artikel über vermeintlich triviale Begebenheiten enthalten? Viel wichtiger ist die Frage, ob eine solche Krönung nicht sogar Leute davor abschrecken könnte, sich als Freiwillige an der Bearbeitung von Artikeln zu beteiligen, weil sie sich als nicht würdig oder fähig erachten. Angesichts der Aberkennung des Welterbetitels des Dresdner Elbtals, muss man auch überlegen, ob die UNESCO bestimmte Artikel (über Brücken 😉 zum Anlass nehmen könnte, den Titel wieder abzuerkennen?
Der Wikipedia und den Wikipedians sollte eine eventuelle Auszeichnung als Weltkulturerbes jedenfalls nicht zu Kopf steigen. Überheblichkeit im Sinne einer Wissen- und Kulturführerschaft könnte die Gemeinschaft spalten und auf wildes forken hinauslaufen. Ein UNESCO-Hype ruft vielleicht auch Feinde auf den Plan. So wie die Taliban die Buddha-Statuen von Bamiyan im Jahr 2008 zerstörte, könnte auch die Wikipedia als Symbol der (vor allem) westlichen Wissensgesellschaft zur Angriffsfläche werden. Vandalismus ist ja bekanntlich ein fortwährend präsentes Thema.

Wikimania 2011: Lets Get Local

Neben all der Globalität und dem internationalen Smaltalks, erfreute mich ein Vortrag im Besondere, weil er die Zuhörer zurück auf den Boden der lokalen Realität brachte. Mit Let’s get Local waren Sylvain Boissel’s Folien überschrieben, auf denen er über die Aktivitäten der Wikipedianer in Rennes/Frankreich berichtete:

#1 Wikipedians takes the Cities

Eine Gruppe von Wikipedians machen sich auf, mit Kameras bewaffnet, Städte zu dokumentieren. Die Bilder werden in den WikiComons hochgeladen und Wiki-Artikel im Anschluss ergänzt und verbessert. Kontakte zu der örtlichen Tourist-Information spielen dabei eine Wichtige Rolle. Einerseits, um validere Information über urbane Gegebenheiten zu erhalten und andererseits, um die dort tätigen Personen als Wikipedia-Nutzer zu gewinnen, d.h. sie auszubilden und zu motivieren.

#2 WikiTuesday

Diese französiche Initiative läd landesweit Wikipedia-Nutzer zu einem Stammtisch ein. Die Anwesenden verbringen die Zeit meist ungezwungen bei Brainstorming Sessions, Diskussionen über kürzlich editierte Artikel und auch mal mit Wettkämpfen, wer innerhalb weniger Tage die meisten Artikel schreiben kann.

#3 Wikipedia-Fensterplakate

Man drucke die Einleitung eines Wikipedia-Artikel über ein örtliches Bauwerk oder eine andere Örtlichkeit großformatig aus und schneide ein Fenster anstelle eines Bildes hinein. Stabilisiert mit Karton o.ä. stellt man dieses Plakat mit Fenster so auf, dass Passanten durch das Fenster den Gegenstand des Artikels sehen können. Mich erinnerte das ganze ein bisschen an Semapedia (offline), die QR-Codes von Wiki-URLs als Sticker an die jeweiligen Gebäude klebten. Ziel solcher Aktionen ist vorerst die Bewerbung von Wikipedia und insbesondere Leute zu motivieren,  etwas dazu beizutragen. Solch positive Effekte konnten die Vortragenden Franzosen leider nicht belegen. Witzig ist die Idee dennoch, auch wenn die Plakate aufgrund von Vandalismus immer nur wenige Tage erhalten blieben (sie wählten offenbar das falsche Material: Kunststoff statt günstigere Pappe):

Wikimania 2011: Protopedia

Something I must have had miss in the last couple of years. Proteopedia for instance. Compared to my approaches to control time-related media Proteopedia uses similar concepts from the beginning. To distinguish from usual controls, e.g. hyperlinks referring to other contents, they introduces green links to change orientation the proteins represented as 3D models.

Wikimania 2011: Wikipedia Academy

Frank Schulenburg berichtete heute über den Erfolg der Wikipedia Academy – einem Programm, dass Hochschullehrer dazu anregt und begleitet, erstklassige Wikipedia-Artikel durch Studierende verfassen zu lassen.
Insgesamt 32 Universitäten und 800 Studenten mündeten in 5800 Wiki-Seiten. Namhafte Hochschulen, wie Harvard und Illinois gaben dem Projekt der Wikimedia Foundation den nötigen Anschub. Schulenburg betonte insbesondere motivierende Aspekte für Studierende. Anstatt Seminararbeiten für eine einmalige Begutachtung zu verfassen, leisten sie im Idealfall einen _nachhaltigen_Beitrag_ zur größten Bibliothek der Welt. Ihre Beitrage sind zugänglich und werden sicher nicht nur von einer Person gelesen. In einem Fall, so Schulenburg, erhielt ein Beitrag eines Studenten über die Demokratische Partei in Ägypten 43.000 Aufrufe. Angesichts der Tatsache, dass selbst high rated Journals nicht einmal annähernd so viele Leser finden, ist der sinnstiftende Effekt eines solchen Lernszenarios nicht von der Hand zu weisen.

Kern der Wikipedia Academy Programms sind Campus Ambassadors, d.h. geschulte Ansprechpartner vor Ort, die sowohl Lernende, als auch Lehrende schulen, unterstützend und beratend zur Seite stehen. Jedem Campus Ambassador steht eine Online Ambassador gegenüber.

Die Vorgehensweise wird in sieben Schritten vollzogen:

  1. Ambassador Training
  2. Planung (Ambassador + Dozent)
  3. Einführung in der Lehrveranstaltung (Gebrauch der Wikipedia / best practice)
  4. Analyse existierender Wikipedia-Artikel zur Identifikation fehlender oder unvollständiger Informationen
  5. Research: Literaturrecherche
  6. Schreiben: einzeln oder als Gruppe mehrerer Studierender
  7. Evaluation: verfassen eine reflektiven Artikel buw. einer Präsentation über den Entstehungsprozesses des Wikipedia-Artikels in der Lehrveranstaltung.

Aktuell darf man noch gespannt sein, wie die Wikimedia das angekündigte Education Portal gestalten wird. Online Schulungsmaterialien, Syllabus und Hilfe beim Finden von Wikipedia Administratoren / Stewarts soll noch bis Ende 2011 inbegriffen sein.

In der Diskussion stellte sich aber auch heraus, dass dieses Konzept auch ohne offizielle Schirmherrschaft der Wikimedia funktioniert. Nicht wenige Studenten füttern Wikipedia bereits mit ihren Seminar- und Abschlussarbeiten. Dennoch ist es wichtig, den Kontakt zu den Stewarts und Administratoren zu pflegen, damit Konflikte mit anderen Autoren oder gar Trollen vermieden werden können.

Am IHI Zittau könnten Studierenden angeregt durch Dozenten und unterstützt von Ambassadors gleich mehrere Spracheditionen der Wikipedia bedienen.