Einweihung der Denkmalanlage “Stelen der Erinnerung” auf dem Jüdischen Friedhof zu Görlitz

Vor fünf Jahren hatte ich die fehlenden Namenszeichen auf dem Görlitzer Jüdischen Friedhofs hier angemahnt und damit einen Stein ins Rollen gebracht. Die Friedhofsverwaltung der Stadt Görlitz, insbesondere Frau E. Mühle, hatte sich der Sache angenommen und viele Unterstützer für die Schaffung einer würdigen Denkmalanlage gewonnen und mit viel Einsatz die Schaffung eines neuen Denkmals koordiniert.
Am 1. September 2015 um 16:00 wird dieses Denkmal auf dem Jüdischen Friedhof eingeweiht. Grußworte und Ansprachen von Stanislaw Tillich, Dr. Nora Goldenbogen von der Jüdischen Gemeinde Sachsen, OB Siegfried Deinege und dem Überlebenden Monik Mlynarski geben der Einweihungsfeier einen würdigen Rahmen. Ich persönlich freue mich auf dieses Ereignis.

Auf ein Wort zur Namensgebung:
Stele bedeute so viel wie Grabstein, was angesichts der auf dem Jüdischen Friedhof noch bestehenden MassenSammelgräber der KZ-Gefangenen eine treffende Bezeichnung ist. “Stelen der Erinnerung” gibt es u.a. in Offenbach/Main (Synagoge), Beelen (Friedhof) und Geltow (gefallene Bundeswehrsoldaten).

Verzeichnis der 1941/42 im Ghetto Tormersdorf bei Rothenburg/OL verstorbenen Juden

Eine beläufige Entdeckung machte ich kürzlich bei einem Besuch beim International Tracing Service in Bad Arolsen. Unter der  Doc. No. 11199763#1 (1.2.1.1/0001-0060/0022C/0005), Archivnummer: 5013 findet sich ein Artikel von Bernhard Brilling mit dem Titel »Die Evakuierung. Die Evakuierung der Breslauer Juden nach Tormersdorf bei Görlitz Kreis Rothenburg, Oberlausitz, 1941|42«. Im Anhang dieses Artikels ist eine Liste der im Ghetto Tormersdorf ums Leben gekommenen Juden zu finden.

Der verwaiste Friedhofe im verwaisten Tormersdorf.

Ich hatte bereits vor einiger Zeit über eine Ortsbegehung in Tormersdorf berichtet und auf den schier unkenntlichen Friedhof im heute nicht mehr bewohnten Dorf rechts der Neiße hingewiesen. Die in der Litse genannten Toten dürften dort alle begraben liegen. Wo genau sich die Gräber befinden ist unklar.

Die Liste derjenigen Toten, deren Sterbeurkunden im Standesamt Rothenburg zu finden sind.

 

ASF Sommerlager in Görlitz/Zgozelec

Als Teil des Rahmenprogramms des diesjährigen ASF Sommerlagers auf dem Gelände des ehem. Stalag VIIIA in Zgorzelec/Görlitz beteilige ich mich durch eine Führung zu den zentralen Gedenkorten des ehemaligen Görlitzer KZ-Außenlagers. Geplant sind Ortsbesichtigungen des alten Lagergeländes in der Kleingartenanlage Biesnitzer Grund sowie auf dem Jüdischen Friedhof.

Vom 16. – 31. Juli 2011 werden im Vierten Internationalen Workcamp, bei dem der MEETINGPOINT MUSIC MESSIAEN in diesem Jahr mit der AKTION SÜHNEZEICHEN FRIEDENSDIENSTE zusammenarbeitet, 26 Jugendliche aus Deutschland, Polen und Italien auf dem Gelände des ehemaligen StaLag VIIIa in Zgorzelec-Ujazd (bis 1945 Görlitz-Moys) restaurierend und pflegerisch arbeiten. Wesentlich unterstützt wird der MEETINGPOINT dabei vom Deutsch-Polnischen Jugendwerk, der Gemeinde Zgorzelec, der Stadt Zgorzelec und dem Technischen Hilfswerk in Görlitz.
Diesmal ist daran gedacht, durch behutsames Ausdünnen des Bewuchses, der sich seit 1945 entwickelt hat, die Struktur des Lagers wie in einer Art Röntgenaufnahme parallel zur Lagerstraße in dem Bereich des Terrains sichtbar zu machen, der dem Vorhaben MEETINPOINT MUSIC MESSIAEN von der Gemeinde Zgorzelec übereignet worden ist.

323, nein 322 namenlose Tote auf dem Jüdischen Friedhof zu Görlitz

Am 22. Juni soll auf dem Görlitzer Friedhof die Grabanlage für 67 sowjetische Zivilisten eingeweiht werden. Die seit 1945 namenlosen und unkenntlichen Gräber sind nun mit Nummernsteinen und zum Teil mit Gedenkplatten versehen. Evelin Mühle, die Leiterin der städtischen Friedhofsverwaltung, will damit ” über das Schicksal von 67 unbekannten sowjetischen Zivilisten […] informieren”, berichtet die Sächsischen Zeitung.

Weitere sowjetische Zivilisten sind darüber hinaus auf dem Jüdischen Friedhof zu Görlitz begraben. Auch ihre Namen sind uns nicht bekannt. Sie wurden während der letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges im Görlitzer KZ-Außenlager von der Gestapo und/oder SS hingerichtet und zusammen mit den zumeist jüdischen Opfern aus dem Lager auf dem Jüdischen Friedhof in Massengräbern verscharrt. Erst 1948 exhumierte die Görlitzer Kriminalpolizei die 173 Leichen aus den Massengräbern und veranlasste eine Umbettung in die heute noch existenten Gräber auf dem zur Zeit wild bewachsenen Jüdischen Friedhof.

Der 1951 eingeweihte Gedenkstein erinnert als einziges Zeugnis an diese und weitere nicht namentlich erwähnte Tote auf dem Friedhof:

  • 111 Urnen von Häftlinge des KZ-AL Görlitz (Namen bekannt)
  • 37 Urnen von Häftlingen der KZ-Außenlager Niesky, Bautzen und Hartmannsdorf (Namen bekannt)
  • 173 Tote aus den Massengräbern auf dem Jüdischen Friedhof (unbekannte
    Personen)
  • 2 Görlitzer Häftlinge, die (wahrscheinlich) in Rennersdorf
    starben (unbekannte Namen)

Auf dem Gedenkstein heißt es:

“Hier ruhen 323 ermordete Kameraden / die im Konzentrationslager / Biesnitzer Grund Görlitz / in den Jahren 1943-1945 der Hitler Tyrannei zum Opfer fielen […]”.

148 Namen von Opfern sind der Friedhofsverwaltung seit 1948 bekannt und inzwischen auch publiziert (u.a. Kurt Wolf). Nur 286 der Opfer stehen jedoch in Zusammenhang mit dem KZ-Außenlager Görlitz.

Warum können wir dort keine Namen lesen? Wie können wir Opfern mit einem Stein gedenken, ohne ihre Namen lesen zu können? Wem soll man gedenken, wenn der Gedenkstein seit seiner Errichtung die Wahrheit verschweigt, weder die Herkunft der Opfer benennt, noch deren Identität aufklärt? Wo sind die Nummernsteine, wo die einzelnen Gräber? Wie sollen Angehörige der Opfer das Kaddisch sprechen?

Ein Nachfahre eines Opfers, der selbst die Shoa überlebte, musste selbst Hand anlegen, um für seinen Vater beten zu können. Es ist traurig auf diese Art gezeigt zu bekommen, wie wir in den letzten 65 Jahren keinen angemessenen Rahmen für das Gedenken an die Opfer schaffen konnten.

Jüdische Gräber in Tormersdorf a.d. Neiße

Wer in Rothenburg bei Görlitz die Neiße übertritt, findet sich zwischen den Grundmauern des seit 1945 verlassenen Tormersdorf wieder. Prędocice, so der polnische Ortsname, ist ein menschenleeres und naturreiches Fleckchen Land, dessen jüngstes Bauwerk an die Kampfhandlungen gegen Ende des zweiten Weltkriegs und damit an die Zerstörung des Dorfes erinnert. Die alleinige Anbindung ans Straßen- und Stromnetz des (deutschen) Rothenburgs verhinderte den Wiederaufbau dieser Siedlung am westlichen Rand eines großen Waldgebietes. Doch dort, wo sich nun Wolf und Hase gute Nacht sagen, verbirgt sich ein Stück Erinnerungskultur der Zeit des Nationalsozialismus.

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