Einweihung der Denkmalanlage “Stelen der Erinnerung” auf dem Jüdischen Friedhof zu Görlitz

Vor fünf Jahren hatte ich die fehlenden Namenszeichen auf dem Görlitzer Jüdischen Friedhofs hier angemahnt und damit einen Stein ins Rollen gebracht. Die Friedhofsverwaltung der Stadt Görlitz, insbesondere Frau E. Mühle, hatte sich der Sache angenommen und viele Unterstützer für die Schaffung einer würdigen Denkmalanlage gewonnen und mit viel Einsatz die Schaffung eines neuen Denkmals koordiniert.
Am 1. September 2015 um 16:00 wird dieses Denkmal auf dem Jüdischen Friedhof eingeweiht. Grußworte und Ansprachen von Stanislaw Tillich, Dr. Nora Goldenbogen von der Jüdischen Gemeinde Sachsen, OB Siegfried Deinege und dem Überlebenden Monik Mlynarski geben der Einweihungsfeier einen würdigen Rahmen. Ich persönlich freue mich auf dieses Ereignis.

Auf ein Wort zur Namensgebung:
Stele bedeute so viel wie Grabstein, was angesichts der auf dem Jüdischen Friedhof noch bestehenden MassenSammelgräber der KZ-Gefangenen eine treffende Bezeichnung ist. “Stelen der Erinnerung” gibt es u.a. in Offenbach/Main (Synagoge), Beelen (Friedhof) und Geltow (gefallene Bundeswehrsoldaten).

Theresienstadt Explained beim Neisse Filmfestival

Am Freitag, dem 70. Jahrestag der Befreiung, hatten Armin und ich die Ehre unser Projekt oder besser den Film beim Neiße Filmfestival vorzustellen. Im Vergleich zu den übrigen Streifen konfrontierten wir die Zuschauer mit einer Mischung aus Filmvorführung und Vortrag. Armin gab eine Einführung in die historischen Hintergründe und stellte auch regionale Bezüge zu Zittau her. Anschließend zeigten wir den Film und pausierten an einigen Stellen, um auf besonders dreiste Inszenierungen, Übertreibung, Täuschungen sowie ausgeblendete Aspekte des Lebens im KZ Theresienstadt einzugehen. Die Resonanz war, so weit mir das zuteil wurde, sehr positiv. Es war uns gelungen die 48 Gäste, darunter eine Schulklasse, in die Diskussion zur kritischen Betrachtung des Films einzubeziehen.
Abgesehen davon erhielten wir einige Impulse zur Weiterentwicklung unseres didaktischen Konzepts sowie für die technologische Unterstützung von Film-Präsentation für Gruppen. Letzteres bezeichne ich als Guided Video Presentation. Der Vortragende steuert dabei die Anwendung mit Hilfe eine Presenters, der über vier bis sechs Tasten verfügt. Die Tasten dienen zur Navigation innerhalb der Film-Szenen sowie zur Anpassung der Wiedergabegeschwindigkeit. Zusätzlich lassen sich an definierten Stellen Hinweise, Hervorhebungen oder zusätzliche Medien einblenden. Zu diesem Thema werde ich demnächst einen gesonderten Beitrag schreiben.

Stand der Anwendung

Das User Interface hat ein Redesign erfahren und ist nun responsive, d.h. es passt sich der Größe des Bildschrims an. Außerdem gibt es einen Vollbildmodus.
Einige Biographien, wie die von Rudolf Saudek, haben wir bereits eingebunden. Ausgewählte Personen sind innerhalb des Videos hervorgehoben. Für sie können die kurzen biografischen Texte bei Bedarf aufgerufen werden.
Einen Teil der interaktiven Anwendung bildet die Gegenüberstellung der im Film dargestellten Szenen mit den heutigen Orten in Terezin. Unser Anliegen ist dabei, Verknüpfungen zwischen Film und dem Besuch der Gedenkstätte zu fördern. Ergänzt werden soll das noch durch eine interaktive Karte.

Gegenüberstellung von Szenen

Haus

Gärten der SS

Vor der Dresdner Kasserne

Fehler im Film

Ein filmtechnischer Fehler in der Szene des Fußballspiels, als die Menschen nach der Arbeit durch das Tor der Dresdner Kasserne laufen. Recht deutlich sieht man, wie ein Kameramann auf einer Leiter steht und die vorbeiziehenden Menschen filmt. Abgesehen von diesem technischen Fehler gibt es noch andere, die dem Idyll widersprechen. Dazu aber später mehr.

»Theresienstadt-Film« beim Neiße Filmfestival

Zusammen mit Armin Pietsch (Hillersche Villa Zittau) haben ich die Ehre den Theresienstadt-Film auf dem Neiße Filmfestival zeigen zu können. Der Film wird in der Reihe von Filmen zum 70. Jahrestag der Befreiung vom Nationalsozialismus gezeigt. Wir werden es nicht bei der Aufführung belassen, sondern die Entstehung des Films erläutern, exemplarische Szenen kommentieren und zur Diskussion aufrufen.
Eingeladen sind im Besonderen Schulklassen.

Termin: 8. Mai 2015, 13:00, Hillersche Villa Zittau

Die neuerlich aufgetauchten Fragmente des NS-Propagandafilms über das Leben im Konzentrationslager Theresienstadt ist für die Geschichtsdidaktik in vielfacher Hinsicht ein wertvolles Zeitdokument. Erstens lassen sich anhand der Szenen die Orte im Lager identifizieren. Zweitens sind in dem Film eine ganze Reihe berühmter jüdischer Wissenschaftler, Künstler und andere Persönlichkeiten zu sehen. Drittens kann man anhand des Dokuments die zahlreichen Propagandalügen und Täuschungen des für das Ausland bestimmten Films aufdecken. Bisherige historische Abhandlungen waren, isoliert vom eigentlichen Gegenstand des Filmes, als Text verfasst und damit weder in technisch-gestalterischer, noch in mediendidaktischer Hinsicht effektiv. Ziel des Projektes ist neben der medienadäquaten Aufbereitung die Konzeption geeigneter Kooperationskripts, um gemeinschaftliche Lernsituationen herzustellen.

Abstract
Die Idee, einen Propagandafilm über den Alltag im „Ghetto Theresienstadt“ zu drehen, geht auf den Leiter des „Zentralamts zur Regelung der Judenfrage in Böhmen und Mähren“, SS-Sturmbannführer Hans Günther, zurück. Auch die Herstellung des Films war ein reines SS-Projekt ohne Beteiligung des Reichspropagandaministeriums. Um Theresienstadt in einen geeigneten Schauplatz für einen beschönigenden Propagandafilm umzugestalten, wurde Ende 1943 die so genannte „Stadtverschönerung“ gestartet. Nach und nach verwandelte sich das Konzentrationslager in ein potemkinsches Dorf mit gefälligem Stadtbild. Einrichtungen wie Kaffeehaus, Poststelle, Bank, Bibliothek, Krankenhaus, öffentliches Bad, Kinderspielplatz und Parkanlagen sollten den Anschein einer normalen jüdischen Gemeinde erwecken, deren Einwohner ein angenehmes und sorgenfreies Leben führten.
Der Theresienstadt-Propagandafilm ist nur in fragmentarischer Form erhalten geblieben und wurde nach Kriegsende zunächst unter dem vermeintlichen Titel „Der Führer schenkt den Juden eine Stadt“ bekannt. Dieser Titel ist mit hoher Wahrscheinlichkeit eine geistige Schöpfung einiger Häftlinge gewesen, der bereits während der Dreharbeiten im Lager rasch verbreitet wurde und den zynischen Absichten des Films mit beißender Ironie und schwarzem Humors begegnet. Selbst die wissenschaftliche Literatur zitierte diesen Titel bis in die späten 80er Jahre des 20. Jahrhunderts. Erst das Auffinden einiger Kader aus der Titelsequenz im Yad Vashem und die Forschungen des holländischen Historikers Karel Margry haben den authentischen Titel eindeutig belegen können: THERESIENSTADT. EIN DOKUMENTARFILM AUS DEM JÜDISCHEN SIEDLUNGSGEBIET.

Worin liegt nun die Einzigartigkeit dieses Filmdokuments? Wie bereits festgestellt, ist die weitgehende Auflösung des nationalsozialistischen Feindbild-Antagonismus „deutscher Herrenmensch versus jüdischer Untermensch“, also die ausnahmslos positive Darstellung des jüdischen Alltagslebens, in einem nationalsozialistischen Propagandafilm sehr ungewöhnlich und man kann annehmen, dass ein regulärer Kinoeinsatz zu einiger Verwirrung geführt hätte. In krassem Gegensatz dazu steht etwa der 1942 im Warschauer Ghetto gedrehte Propagandafilm „Ghetto“15.


Die Projektdurchführung erfolgte teilweise im Rahmen des E-Learning Clusters von eScience Sachsen (Projekt „KoviLern“), gefördert durch den Europäischen Sozialfond und den Freistaat Sachsen. Die Reproduktion des Films beim Bundesarchiv wurde durch die Crowd bei StartNext finanziert.

Beitrag im Sammelband »Die Juden von Görlitz« erschienen

In dem vom Markus Bauer und Siegfried Hoche herausgegebenen Sammelband »Die Juden von Görlitz. Beiträge zur jüdischen Geschichte der Stadt Görlitz.« ist auch eine kurzer Beitrag von mir enthalten. Er trägt den Titel »Das KZ-Außenlager Görlitz« und stellt eine Zusammenfassung der noch nicht erschienenen dritten Auflage des fast gleichnamigen Buches dar. Die übrigen Beiträge sind wahrscheinlich noch weitaus lesenswerter und keinesfalls ein Exzerpt bestehender Schriften. Die Lektüre lohnt nicht zuletzt aufgrund der zahlreichen Bezüge zu den aktuellen gesellschaftspolitischen Diskussionen über die einstigen und gegenwärtigen Ausdrucksformen jüdischen Lebens in Görlitz.

Am Montag, dem 22. September 2014, 16:00 wird das Buch in der Synagoge zu Görlitz offiziell vorgestellt.

 

Das Buchcover des Sammelbands »Die Juden von Görlitz«, herausgegeben von M. Bauer & S. Hoche, erschienen im Verlag Gunter Oettel, Görlitz 2014.

Meine Empfehlungen zum Neißefilmfest: Open Access, Liga Terezin, Sieniawka

Zum 11. mal und wieder kaum zu übertreffen: das räumlich verteilte und raumumspannende Filmfest im Dreiländereck Polen, Tschechien, Deutschland. Ja, DAS Neissefilmfest. Es lohnt im Programm zu stöbern. Ich möchte einige Filme empfehlen, wenngleich ich nicht immer die Gelegenheit haben werde, sie zu sehen:

Vidkryty Dostup / Open Access
Die politische und gesellschaftliche Etablierung von Open Access schreiten hierzulande mit großen Schritten voran. Wie es in einem nicht-so-westlichen Land darum bestellt ist, verspricht dieser Film zu erzählen. Da es um die Ukraine geht, dürfte die anschließende Diskussion Oleksandra Bienert und Andreas Schönfelder in mehrfacher Hinsicht interessant werden.
UA 2013 | 98 min | BR | OF + eUT + dtÜ
Siehe auch NGO Centre UA
09.05. 20.00 h KUNSTBAUERKINO 2, GROHEDO

Im Jahr 2011 wurde das Gesetz des Zugangs zu öffentlichen Informationen in der Ukraine verabschiedet. Zu einem Zeitpunkt, wo die demokratischen Rechte ignoriert wurden und die Korruption wucherte, beschlossen fünf Filmemacher, das System herauszufordern. Der Mangel an Transparenz und Verantwortung durch die Anführer des Landes und deren Gleichgültigkeit und Ignoranz – das ist, was die Dokumentationen bezeugen. Die Protagonisten leben in verschiedenen Teilen der Ukraine. Was sie verbindet aber ist der Wunsch, den Zugang zu freien Informationen zu schaffen. Diese Anthologie beinhaltet: “Mezhyhirya”, “Afghanischer Kriegsveteran”, “Schule”, “Haus der Chimären”, “In Bedrängnis”.

 

Liga Terezin
Angesichts des diesjährigen Schwerpunkt auf dem jüdischen Leben in Ost(und Mittel?)europa erwarte ich mir von diesem Film nicht nur Erkenntnisse für meine Arbeit am interaktiven Film(projekt) „Theresienstadt explained“. Liga Terezin erzählt eine unglaubliche Geschichte vom Fußball im KZ Theresienstadt wohl auch vom Versuch zu einem Alltag zu finden.

IL 2012 | 52 min
10.05. 11.00 h KUNSTBAUERKINO 2, Großhennersdorf

Von 1942 bis 1944 trugen jüdische Häftlinge unzählige Fußballspiele auf improvisierten Spielfeldern in unmittelbarer Nähe ihrer Baracken im Ghetto Theresienstadt aus. Es war der Versuch, sich der traurigen Realität ihrer aufgezwungenen Notlage entgegen zu stemmen. Die Nazis machten davon Filmaufnahmen, um sie für Propagandazwecke zu nutzen. Ausgehend von diesen Aufnahmen spannt der Film einen Bogen zu aktuellen antisemitischen Tendenzen in holländischen Stadien.

Sieniawka
D/PL 2013, 126 min., DCP OF dt UT
08.05. 15.00 h KRONENKINO, ZITTAU
In der Umgebung von Zittau kann ich mir kaum einen misteriöseren Ort vorstellen, als den ehemaligen Kasernenkomplex in Sieniawka (ehm. Kleinschönau). Das Anwesen ist vielen noch als Sitz des Kraftverkehrs und Tankstelle bekannt.. Manche wissen um die Geschichte als Produktionsort der ersten Düsentriebwerke durch die Firma Junkers im Jahre 1945. Nur wenige sind dagegen mit der düsteren Vergangenheit als Entbindungsheim von Groß-Rosener KZ-Häftlingen, dem Wirken von Dr. Mengele und andern SS-Größen sowie der Nutzung als Lager des sowjetischen NKWD vertraut. Einige Enthusiasten vermuten in den unterirdischen Produktionsstätten Nazischätze, wie das Bernsteinzimmer. In diesem Film geht es jedoch um die heute dort zu findende Psychatrie.

Ein Tagebau, ein herumstreunender Kosmonaut. Eine Betreuungsanstalt für psychisch Normabweichende. Erst Essensausgabe im Speisesaal, dann Zigarettenausgabe im Raucherzimmer. Lufttennis im Garten und ein altes Kino aus Vorkriegszeiten.
Ein aus der Zeit gefallener Ort namens Sieniawka, bekannt für seinen Grenzübergang und für eine lokale Psychiatrie an der polnisch-deutschen Grenze bildet das schwerelose Zentrum dieses kinematografischen Bildermonoliths. Eine experimentelle Mischung aus Science-Fiction und Dokudrama. Sieniawka, 5 Minuten Fußweg von Zittau entfernt – Leben auf einem fremden Stern.

Darüber hinaus:
Rublak. Die Legende vom vermessenen Land (08.05. 20.00 h KULTURFABRIK, MITTELHERWIGSDORF)
One Fine Line (09.05. 17.30 h KUNSTBAUERKINO 1, GROHEDO)

Die fehlenden Szenen von »Theresienstadt. Eine Dokumentation aus dem jüdischen Siedlungsgebiet«

Auf der Suche nach den von Karel Margry beschriebenen Szenenbildern des Films »Eine Dokumentation aus dem jüdischen Siedlungsgebiet« stieß ich im Photoarchiv von Yad Vashem auf eine umfangreiches Repertoire an Einzelbildern. Ungefähr 118 davon sind in den Filmkopien des Bundesarchivs nicht enthalten. Für einzelne Szenen lässt sich sogar ein Bewegtbild mit Stop-Motion-Charakter erzeugen:

Einige der fehlenden Szenen des theresienstädter Filmdokuments in einer Animation aus Einzelbildern.

Folgende Szenen finden sich unter den Einzelbildern: Theater, Freilichtvarieté, Landwirtschaft, Terrassen, Jazzband, Läden, Verpflegung.

Nach der Aufbereitung der Bilder werden wir sie in den kürzlich von uns geschnittenen und gemäß dem Drehbuch arrangierten Film einfügen.