7 Lima Links

  • doble nueve (99.1 MHz) – der einzige independent Radiosender (login mit: nise81 und passwort: bommel)
  • La Noche – Gute Konzerte und latinPop-frei.
  • PUCP – Solch ein Institut wünsch ich mir für meine Uni: Filme, Ausstellungen, ect.
  • Teleticket – Tickets online.
  • El Cinematografico – das wahrscheinlich einzigste Programmkino der Stadt
  • RockPeru – wo sonst erfährt man von Konzerten?
  • Gotica – Ein, wenn auch sehr exclusiver, Club für Freunde der elektronischen Musik. Nicht selten mit internationalen DJs.

Halbzeit

Seit nunmehr 90 Tagen bin ich weg von daheim und 90 weitere werde ich in Peru verleben. Es ist also Halbzeit und, wie ich finde, Zeit ein Bilanz zu ziehen, zumal nun auch die Hälfte meines Praktikums hinter mir liegt.Was steht an? Urlaub. Seit fünf Wochen habe ich darauf verzichtet freitags daheim zu bleiben (normal: 36h/Woche an vier Tagen) und habe zudem wochenends mehr oder weniger effektiv meinen Arbeit für die Ulmer Biomechaniker fortgesetzt. Freitag ist Schluss damit. 10 Tage frei. Hoffentlich genug Zeit, um eine kleine Rundreise im Norden zu drehen: Lima > Trujillo > Cajamarca > Kuelap > Chachapoyas (Lagunen, magisches Land?) > Piura > Mancora (Strand, Sonne, surfen?) > Chiclayo (Hexenmarkt) > Lima. Am 8. September will ich für eine Woche im Huaraz-Gebirge (Peruanische Schweiz) wandern gehen. Für den Oktober habe ich mir bislang vorgenommen nach Ayacucho und Abancay zu fahren, vielleicht die Nasca Linien anzusehen, doch auf jeden Fall die ‘Weiße Stadt’ Arequipa zu besuchen, um von da aus in den tiefsten Canon der Welt (Cotahuasi) hinaub und auf den Chanchani (6075m) hinauf zu steigen. Den Rest der Zeit würde ich gern im Amazonas-Regenwald mit einem wissenschaftlichen oder sozialen Praktikum verbringen. Mal sehen, ob ich als Informatiker bei der Datenerhebung, dem Tracking von Tieren oder der Ausbildung (Englisch, PC, www) von Kindern behilflich sein kann.

Lima Zentrum mit der ersten Couchsurferin

Spontan hat sich am Samstag die erste Couchsurferin angesagt: Ines aus Portugal. Wir sind nachts durch ein paar seltsame Clubs getourt und tags durchs Zentrum gelaufen. Lima ist selbst be schönem Wetter nicht gerade eine Vorzeigestadt. Sie erscheint im Zuge ihres Verfalls, als könnte sie sich nicht recht zwischen den alten Kolonialhäusern und Betonklötzern entscheiden. Es war nicht irgend ein Wochenende, sondern jenes des Unabhängigkeitstages. Seit 186 Jahren stehen die Peruaner auf eigenen konstitutionellen Beinen und schreiten damit wirtschaftlich bergauf. Mir fehlt der Vergleich zu Früher, um dies bewerten zu koenen. Auffällig waren an diesem Tag die tausenden, teils riesigen Nationalfahnen. Manipulation pur. El Presidente präsentierte morgens seine ewig erfolglose Armee und erinnerte mich damit an die Paraden, die ich an meinen Geburtstagen im DDR-Fernsehen sehen konnte. Ich glaube kaum, das Alen Garcia (Präsident) damit einen Eindruck auf den technoligisch besser gerüsteten Erzfeind Chile machen konnte. Schluss mit dem politischen Blabla. Wir waren noch im China Town und in den Katakomben des Franziskanersklosters. In letzteren zeigte man uns tausende Gebeine von verstorbenen, welche die Mönche einst in ihrem Kellern sammelten. Zugegeben eine seltsame Ausstellung in einem sehr schönem Bauwerk.

Me, myself and the Peruvians

Mir geht’s gut und ich gewöhne mich immer mehr an die Eigenheiten dieses Landes. Auch wenn ich manchmal vor Ungeduld innerlich koche oder schon gern mal den Stickefinger zücken würde,

  • wenn wieder mal ein hupendes Taxi vorbeischleicht, um mich zum Einstieg zu animieren oder
  • mich wieder mal eine Tussi anquatscht und schon im dritten Satz um ein Getränk bettelt oder
  • wenn ich sehe, wie Leute ohne ein Augenzwinkern ihren Verpackungsmüll auf der Strasse fallen lassen oder
  • wenn ein Latino aus Angst schlecht da zu stehen mir eine perfekte Lüge weiß machen will oder
  • wenn ein Taxifahrer oder Händler immer noch glaubt, dass Touristen doppelt so viel zahlen und ich einer von ihnen bin oder
  • wenn ich sehe, wie Eltern ihre Kinder mit einer Tüte Bonbons zum Betteln an der Ampelkreuzung abstellen oder
  • wenn ich ansehen muss, wie all die (armen) Leute/Kinder so rot unterlaufenen Augen haben, weil sie nur weissen Reis und Geflügel ansatt vitamin- und mineralstoffreicher Kost essen.

Etwas Anpassung kann prinzipiel nicht schaden, doch will ich Gleichgültigkeit vermeiden und lieber – auf gut deutsch – weiter in der Scheisse rühren. Abgesehen davon entwickelt sich so langsam ein kleiner Freundeskreis. Ich spreche mittlerweile sogar schon mit Deutschen Englisch und gerate ins Stocken, wenn mich jemand auf Deutsch anspricht. Mein Spanisch verbessert sich kaum – dank meiner Trägheit.

Das traute Heim?

Es ist bescheiden und ich bemühe mich auch nicht, es schöner zu machen, damit ich nicht zu viel Zeit in der Bude verbringe, um statt dessen auf Tour zu gehen. Ich wohne mit Sir Galahad zusammen. Er singt zwar manchmal etwas schräg und hat’n Fabel für 80er-Mucke, ist aber dafür ständig gut drauf und lebt sorgenfrei von heut auf morgen. In der Küche schaut er immer, dass auch ja ein paar Reste im Tiegel bleiben und sich dadurch die Luft verbessert. Manchmal erreicht er den selben Effekt auch mit einem Wischlappen. Vor kurzem hat er mir gesagt, wie man der Dusche richtig heißes Wasser entlockt. Ich habe wirklich über einen Monat kalt geduscht. Trotzem bleiben mir (unfreiwillige) kalte Duschen erhalten, die bei Regen durch’s Wellblechdach über’m Waschbecken herabtröpfeln. Und da soll noch mal jemand sagen, in Lima würde es nicht regnen.

Ich nenn’s mal Arbeit

Ich schweiße gerade an einem Linux (Ubuntu), dass ein Intranet (Drupal) mit Telefonanlage (Asterix) und E-Mail/Kalender (Zimbra) serviert. Ansonsten muss ich hin und wieder mal ein paar Systeme auf ihrer Tauglichkeit bewerten und ausgegliederte Projekte bei Fremdfirmen betreuen.Die gesammt Belgschaft habe ich nun während dreier Vorträge über Deutschland informiert. Den Direktoren lag sehr daran, deutsche Werte, wie Pünktlichkeit, Ordnung und dieses ich_will_besser_sein_als_X irgendwie in der Firma zu etablieren. Vamos a ver, zumindest freuten sich die Leute jedes Mal, wenn ich ein paar Worte/Begriffe auf Deutsch sagte. Für sie ist das Deutsche einfach so unaussprechlich, wie manch ein spanische Wort für mich: auf die Frage hin, “Welche Produkte Deutschland hauptsächlich exportiert”, wollte ich Autos und “Maginas” (Maschinen) antworten, doch hörte es sich wie “Vaginas” an. Ein Brüller.Ansonsten vermisse ich das Arbeiten im Team, die kreative Fachsimpelei und die Motivation zum zuegigen Arbeiten. Es ist uebrigens derart stressig, dass ich es schaffe, diesen Beitrag zu schreiben. Voy a ver como esta el nuevo practicante de Alemania que trabaja en el area de marketing.

Ein Visum ist mehr als ein Stempel.

Verglichen damit, dass ich für mein erstes Visum mal eben einen Tagesausflug nach Berlin gemacht habe, kostete mich die dreimonatige Verlängerung des Visums in Lima weit mehr Nerven. Erst im dritten Anlauf konnte ich mit Nachdruck und Beharrlichkeit den begehrten Stempel bekommen, für den andere schon mal eine Flasche Wein mitbringen oder sich den Freund eines Freundes aus dem Büro nebenan an die Seite stellen. Leider hatte ich keinen solchen ‘Amtshelfer’ und musste, wie im Film “Asterix erobert Rom” fleissig die Schlangen und Schalter wechseln (allerdings ohne die Leute in den Wahnsinn zu treiben). Eine echte Geduldsprobe, doch tröstet es mich, dass Leid mit Anderen teilen zu können.