Die Welt ist wirklich ein Dorf

Für meinen halbjährigen Aufenthalt in Peru hatte ich mir vorgenommen, meine Sinne zu schärfen und das Land und seine Bewohner aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. Als Sprachschüler, Tourist und Praktikant gewinnt man schon recht tiefe Einblicke, doch die Tahlsohle ist längst nicht in Sicht – auch nicht, wenn man in Gastfamilien wohnt und mit vielen Leuten auf der Straße spricht. Meine Chefs sind da schon offener und gehen mit ihrem Land schärfer ins Gericht. Andere hingegen schweben auf einer patriotischen Wolke und erzählen mir von der Schönheit allen Übels, um ja nicht schlecht da zu stehen – das hieße ja eventuell die eigenen (Mit)Schuld einzugestehen.

Am heutigen Tage machte ich mich auf, die gesellschaftliche Talsohle zu ergründen und bagab mich in ein Gefängnis – allerdings, um dort einen Deutschen zu besuchen. Die Deutsche Botschaft hatte auf meine Anfrage hin, über die Mutter des Inhaftieren, indirekt den Kontakt hergestellt. Die meisten ausländischen Gefangenen werden aufgrund von beabsichtigten oder unbeabsichtigten Drogendelikten oder -schmuggel hier festgehalten. Eine Verurteilung kann sich über Monate hinziehen und bis zu 20 Jahre Haft bedeuten. Eine teilweise Aussetzung auf Bewährung kann nach ein paar Jahren erfolgen, wenngleich die Bewährungzeit hier verbracht werden muss (in solchen Fällen empfiehlt die Botschaft die illegale Flucht aus dem Land). Von Pablo Libre – einem sehr armen Stadtviertel Limas – nahm ich einen lokalen Bus nach Huaral, wo sich das Gefängnis laut meinen Informationen befinden sollte. Der Bus fuhr auf der Pan America Norte – vorbei an den Slumsiedlungen, den Müllbergen und den grau-schwarz verschmutzen Wüstenbergen, die erst nach etlichen Kilometern ihre natürliche gelbe Farbe annehmen sollten. Vom Meer abgewand, folgten Baumwollplantagen, Obstanbaugebiete und viele saftig grüne Kartoffelfelder. Über den Tälern greisten Adler und auf den Äckern zogen Ochsen die Furchen. Ich glaubt nach einer Stunde Fahrt, der Bus würde im Vorstadtslum kurz anhalten, doch es war bereits das Stadtzentrum. Ich kaufte ein paar Mandarinen als Mitbringsel und erkundigte mich bei den Leute nach dem Gefängnis. Sichtlich erstaunt über meine Frage, half man mir ein Taxi dorthin zu arrangieren. Die Informtion aus der Botschaft war reichlich unpräzise. Das Gefängis befindet sich am Rande des Dorfes Aucallama (20min ausserhalb von Haural), am Fuße eines Wüstenberges. Dahin führt keine Straße, nur ein eingefahrener Sandweg schlängelt sich dahin. Große Hunde rennen neben dem Wagen her und schnappen nach meinem Ellebogen, der aus dem Fenster hängt. Die Luft ist so Feucht, dass die Nebelglocke über uns eigentlich zu platzen vermag.

Nach dem ich meinen Reisepass aus meinem Schuh hervorkrame, gewährt man mir den Einlass. Hinter der ersten Sicherheitsbarriere gehe ich auf eine der Toiletten. Das Wasser zum Spülen steht vor der Pissrinne – wie dufte. Nun laufe ich durch einen Metalldetektor und entledige mich meines Gürtels. In einer kleinen Kabine möchte einer der Wächter, dass ich meine Schuhbändel herausziehe. Ich sage ‘nein’ und er hält die Hand für einen Sol auf. Schließlich trete ich in einen der Pavillons ein und bin froh, dass es wirklich eine Person mit dem Namen gibt. Ohne einen Wachman bin ich nun im Bereich der Zellen mit den Gefangenen allein. Ein blonder, mittelgroßer und kräftiger Typ begrüßt mich mit einem Lächeln und stellt sich vor: “Ich bin Silvio” (Namen und Orte geändert). Nach fünf Minuten stellen wir verdutzt fest, dass wir beide zuletzt in Ulm gewohnt haben und sogar ein paar Bekannte miteinander teilen, uns jedoch noch nie zuvor bewusst begegnet sind. Silvio ist gerade mal ein Jahr älter als ich, wirkt sehr ausgeglichen und besonnen. Es geht ihm den Umständen entsprechend gut, vor allem ist er jedoch gesund. Die Botschaft hat ihm eine Matratze und zwei Decken beorgt und lässt ihm in regelmäßigen Abständen auch Geld zukommen. Er sagt, dass er im Pavillon E1 (Bereich des Gefängnisses) ganz gut zurecht kommt, wenngleich die kulturellen Unterschiede enorm sind. Er kann also niemanden vollständig vertrauen, weiss jedoch wie er mit den Leuten umgehen muss. Er lebt mit keinen Schwerverbrechern zusammen in einem Pavillon – das ist schon mal sehr gut. Überhaupt hatte ich einen recht guten Eindruck von dem Pavillon, obwohl es dort für Leute wie Silvio, die keine eigene Zelle haben, auch nur zwei mal täglich fliessend Wasser gibt. Dafür haben sie eine eigene Kochmöglichkeit, wo sich einer der Mitgefangenen häufig als Koch hervortut und Malzeiten verkauft. Silvio hilft ihm manchmal und bekommt nebenbei nicht nur eine kleine Portion Essen, sondern auch ein Lektion in Sachen peruanischer Küche. Natürlich gibt es auch Essen aus der Gefangenenküche, allerdings ist dieses nicht besonders abwechslungsreich (Hähnchen mit Reis – täglich!) und auch hygienisch nicht einwandfrei. Die Reichung von weißem Reis ohne ausreichender Mineralien- und Vitaminzufuhr löst Mangelerscheinungen aus und schädigt den Körper auf Dauer. Silvio weiss sich jedoch andere Lebensmittel zu organisieren – sprich zu erkaufen. Neben diesem faden Mittagessen, gibt es noch ein Frühstück, bestehend aus drei Semmeln mit Marmelade o.ä., und eine Suppe zum Abendbrot. Nachdem ich nun weiß, wie die Besucherprozedur verläuft, werde ich ihm beim nächsten mal auch ein paar mehr Sachen mitbringen. Diesmal waren’s nur Mandarinen, ein paar spanische Tageszeitungen (die deutschen waren vergriffen, als ich gestern welche kaufen wollte) und ein Buch über Gedächtnistraining, worüber er sich sehr gefreut hat. Geistige Fitness scheint ihm wichtig zu sein, weshalb ich mich demnächst auch bei Freunden nach deutschsprachigen Sachbüchern umsehen werde. Die Zeit vertreibt er sich mit Lesen. Sport mag er keinen machen, um seinen Körper zu schonen. Auch die Möglichkeit in der Werkstatt des Pavillons Kunsthandwerk anzufertigen, spricht ihn verständlicher Weise nicht besonders an. Seit ein paar Tagen ist noch ein zweiter Deutscher im Gefängnis, den ich beim nächsten mal mit besuchen werde. Sollte er weiterhin im Pavillon D bleiben, braucht er ganz sicher Hilfe, denn unter Leuten, die lebenslang einsitzen, kann die Lage schnell eskalieren. Drogenkonsum (Coca-Paste rauchen, u.a.) und Gewalt sind an der Tagesordnung, ja sogar Messerstechereien kommen vor. Vor einiger Zeit wurden vier Kilo Cocain sichergestellt. Bis zum Direktor sind alle in die Drogengeschäfte verwickelt.

couchsurfing

Habe mich gerade für’s couchsurfing eingeschrieben und bin fortan bereit Leute in meiner Bude in Lima aufzunehmen und bei anderen unterzukommen – egal wo auf der Welt. Diese Mitteilung kann also durchaus als Angebot verstanden werden, hier mal vorbeizukommen. Insbesondere für den Oktober plane ich eine außergewöhnliche Tour jenseits der ausgetretenen Pfade. Wer also Lust verspürt aus deutschen Landen auszubrechen, um die peruanische Kultur und Natur zu erleben, möge sich spontan bei mir melden. Mein Profil für Chouchsurfer gibts hier

Frutas peruanas

Hier nun der erste peruanische Kurs in Sachen Natur- und Heimatkunde. In Zukunft folgt sicher noch ein Beitrag über die verschieden Kartoffelsorten und die Mehrschweinchenzucht (hab mir ein Buch gekauft, in dem steht, wie man diese aberwitzigen Fleischerzeuger in die Massentierhaltung überführt. Das ist ökonomisch lächerlich, doch bitterernst gemeint und zu dem staatlich erforscht)

Guayaba:Der Geschmack ist süß, jedoch ist mir bis jetzt noch nicht eingefallen, an was er mich erinnert.

Babaco: Schmeckt nicht außergewöhnlich, jedoch der Vollständigkeit halbe hier nicht ausgelassen.

Girimolla: Die kannte ich schon von Madeira – schmecken honigsüß und sind einfach nur lecker. Haben schwarze Kerne, essen sich jedoch prima.

Lucma: Ein Frucht, die komischer Weise viele Frauen lieben. Sie ist weder süß, noch geschmackvoll, dafür jedoch trocken und krümlich, wie ein Brotteig mit zu viel Mehl. Wahrscheinlich sind Lucmas jedoch sehr gesund.

Plantano Biscocho: Bananen mit roter Schale, die wie alle Bananan hier viel süßer schmecken. Jene Sorte gibt’s auch in der Dose – zusammen mit Ananas und Pfirsich.

Plantano Morado: Minibananen. Süß, krumm und praktisch – ein Früchteriegel für die Hosentasche.

Tamarindos: Sehen aus wie Nüsse, doch unter der Schale stößt man auf eine säurehaltiges, dünnes Fruchtfleisch, was die innliegenden zwei bis fünf Kerne umgibt.

Grenadilla: Meine Lieblingsfrucht bis jetzt: Man schält sie so leicht, wie ein gekochtes Ei und saugt anschließend das Innere einer Kuschelweichen Verpackung aus. Das Innere besteht aus kleine Kernchen, wie man sie von Granatäpfeln kennt, nur dass sie wesentlich weicher sind. Diese Frucht ist äußerst bekömmlich und eignet sich als Babynahrung.

Shibillo: Diese langen Schoten sind mit recht vielen großen Kernen gefüllt, deren kuschelweiche Ummantelung man essen kann. Schmeckt ein wenig süß.

Artischoken: Die kennt fast jeder aus deutschen Supermärkten (wenngleich sie dort etwas teuer sind), doch hier sind diese vitaminreichen Freunde mit Vorsicht zu genießen. Bereits die äußeren Blätter haben Stacheln und im Inneren, nahe dem Herzen, kommt abermals ein Teil, der gänzlich aus Stacheln besteht. Geschmacklich sind sie ebenso lecker wie anderswo – natürlich nur gekocht.

Maca: Der Knolle werden hier gar wundersame Kräfte zugeschrieben. Reich an Vitaminen und Mineralstoffe, regt Maca nachweislich auch die Spermaproduktion an und ist deshalb neben Coca ein natürliches Viagra.

Ciruela Fraile – Fam. Bunchosia Armeniaca: Im Supermarkt fand ich gestern noch dieses Malpighiengewächs, welches ich jedoch noch nicht genauer bestimmen konnte.(ohne Bild)

Huancavelica

Noch im Halbschlaf torkelte ich auf der Suche nach einem Sammeltaxi durch Huancayo. Das Erstbeste wurde durch mich schon halb voll, so dass wir nur noch auf zwei weitere Fahrgäste warten mussten. Drei Straßen weiter hatten wir diese in das Fahrzeug aufgenommen und rasten fortan die Serpentinen rauf und runter. Mir wurde dabei etwas schwindlig und als wir zwei mal beinahe von der Straße abdrifteten, wandelte sich das Schwindelgefühl in Übelkeit. Spannend wurde es abermals, als er mit Carracho auf eine Gruppe Bauarbeiter zusteuerte und diese zugleich, mit Steinen bewaffnet, eine Verteidigung aufbauten. Obwohl die Bauarbeiten der Verbindungsstraße zwischen Huancayo und Huancavelica noch nicht ganz abgeschlossen sind, ist dies eine der besten Pisten des Landes. Wohl auch ein Traum für Motorradfahrer.Nach zweieinhalb Stunden Fahrt kam ich auf dem Plaza Prinzipal an. Laut Kirchturmuhr war es schon 11:20, doch das sollte sich nicht ändern. An diesem Ort war jedoch nicht nur die Uhr stehengeblieben – auch der Fortschritt hatte das Feld der Ruhe des Straßenlärms und des stündlichen Geläuts überlassen. In voller Gemütlichkeit gaben sich die Leute der Faulheit hin und sahen zu, dass die Zeit noch vor der Arbeit vergeht. Ich schnürte meine Stiefel und grübelte, wie ich einen der steilen, umgebenden Berge erklimmen könnte. Es erschien mir kein Ausweg, als einem Bachlauf zu folgen, der so ziehmlich alles davon spülte, was die Leute nicht mehr brauchten: den Müll und den Schmutz ihrerselbst sowie den ihrer Kleider. Die Frauen und Männer wuschen also ihre Ponchos, Röcke und Blusen im Badewasser ihres Nachbarn, der gleich noch seinen Abfall hinzu gab. Sie freuten sich einen Fremden zu sehen und halfen mir über die richtigen Steine bachaufwärts zu springen.

Wäschewaschen am Bach

Ihre Neugierde sah man ihnen an. Längere Zeit unterhielt ich mich mit einer sehr alten Frau, die nebst ihrer Enkelin das Schreiben übte. In einem Schulheft hatte sie schon mehrere Seiten mit einzelnen Buchstaben gefüllt, jedoch noch kein Wort zu schreiben vermocht. Lesen, so sagte sie, kann sie ein bisschen. Ihre Enkelin, von gerade mal 5 Jahren, war noch nicht so weit fortgeschritten. Mir fiel auf, dass recht viele Kinder während ihrer Arbeit auf der Straße oder auf dem Markt Bücher laßen.Weiteren Schrittes kehrte absolute Stille ein. Die Luft wurde dünner und zwang mich zunehmens zum Verschnaufen. Erst traf ich auf Schafe, dann auf Lamas und Kühe. Statt eines Weges lief ich geradaus auf die höchste Erhebung zu. Die Landschaft war felsig und mit goldnen, stachligen Gräsern übersäht. Vereinzelt schauten kleine Kakteen und andere dornige Gewächse hervor. Die Aussicht war, trotz strahlender Sonne, auf gleich aussehende Berge beschränkt und dennoch ein Genuß im Vergleich zu limanesischen Smog.

Un Torro

Gipfel

Nach einem Nickerchen auf’m Berg, am Bahnhof und im Hotel stürtzte ich mich ins Nachtleben der winzigen Stadt. Die hiesige Heavy Metal Szene war drauf und dran ein kleines Festival zu starten. Sechs Bands aus der Region mit teilweise wirklich guten Gitarristen. Zunächst wunderte ich mich, warum alle so regungslos rumstanden, doch bei Band Nummero drei sind sie total durchgedreht. Fäuste und Ellebogen bohrten sie ineinander, Geschubse und Getrampel – am Boden und Obenauf. Schlägerei. Irgendwann fand ich keinen Gefallen mehr an der Musik und diesem eigenartigen warmen Getränk aus Kräutern und irgendetwas anderen, was alle anderen außer mir tierisch besoffen machte. Ich schlenderte wieder in die Disko, aus der ich zuvor gekommen war. Höchst auffällig überlickte ich das Geschehen wie ein Riese unter Zwergen. Ständig angequatscht und zum Tanzen und Kräuterzeug_saufen eingeladen, resignierte ich vor der schlechten Musik und den dreisten Weibern, denen an nichts Anderem gelgen war, als irgend ein Gesöff ausgegeben zu bekommen. Obendrein verstand ich kaum ein Wort von dem, was die Laute sagten und fragten. Es war zu laut für mein Spanisch. Irgendwann wechselten die Leute merklich die Lokalität und gingen zum nächsten Club über – ich auch.

Umgeben von drei riesigen Töpfen voll Suppe, machte eine Oma recht guten Umsatz. An einer Straßenecke hatte sie ein ganzes Tier (?) mit Nudeln zu einem Eintopf verkocht. Der Eingang des nächsten Club war mit dicken Decken verhangen und drinnen war so etwas, wei Après-ski. Der nächste Morgen gestaltete sich recht gediegen. Ich wollte nach Izuchacha. Ein besoffener Polizist zeigte mir, nach dem ich ihm nicht in die Kneipe folgen wollte, wo die Sammeltaxis abfahren.

Das war mal ein Torro.

Mein inzwischen ausgereizter Reiseführer versprach für Izuchacha heiße Quellen und ein Hotel. Ich hatte schon in Huancayo von einer Agenturleiterin erfahren, dass der (Gonzo-)Journalist des Buches (Lonely Planet) diesen Ort nicht besucht hatte. Die Termalquellen befanden sich nicht im Ort, sondern “30 Minuten außwärts – immer den Gleisen entlang”, so sagte mir eine Einheimische. Aus diesen 30 peruanischen Minuten wurden fast drei geschlagene Stunden. Ich überlegte zwischenzeitlich umzukehren, da es bereits spät war und keine Möglichkeit bestand den Fluss zu überqueren, um die Straße nach Huancayo zu erreichen. Beinahe hätte ich den Zug überhört (von wegen Dampflock – scheiß Lonely Planet). Ein paar Kakteenreihen und Eselherden weiter, stand da eine alte Frau auf einem Felsen über den Gleisen und veriet mir, dass es nicht mehr weit sei. So war es dann auch. Die heißen Quellen entpupten sich als kleine Wasserbecken, die sich wohl ausschließlich durch die Sonne aufgeheizt hatten. Ein erfrischendes Bad darin kam mir angesichts der brühtenden Hitze ganz gelegen. Wie eigentlich üblich, konnte ich mich nicht mehr im Wasserkanal waschen – die Sonne sollte gleich hinter den Bergen verschwinden. Ein Brücke gab es auch dort nicht, dafür aber ein Stahlseil und einen, an einer Rolle daran befestigten Karren. Ein Typ aus der Bambushütte nebenan, zog mich rüber. Es dauerte nicht lang, bis ich als achter Mann in ein Taxi (Kombi) einsteigen konnte.

Nachtrag: Die Region von Huancavelica zählt zu den ärmsten des Landes. Der wesentliche Wirtschaftszweig war seit Columbianisierung das Minenwesen. Vor allem Schwermetalle, wie Quecksilber und Blei wurden und werden dort abgebaut. Die Umweltbelastung durch Schwermetalle ist sehr groß.

El viaje en el tren

Die Eisenbahn ist selbst in Deutschland das langsamste motorisierte Fortbewegungsmittel. Um für einen Wochendtrip in enlegenere Gebiete zu gelangen, spricht also nicht viel für den Zug. Das ist in Peru grundsätzlich nicht anders, gäbe es nicht diese atemberaubenden Gleislegungen in den Anden. Derer gibt es nicht viele, jedoch eine ganz besondere, auf der sich die Züge durch 69 Tunnel pressen, 58 Brücken überwinden und 6 Zickzacks hinnehmen, um sich bis auf 4758m zu bemühen. Die Rede ist von der zweithöchsten Eisenbahnstrecke der Welt. Zwischen Huancayo und Lima verkehrt täglich dieser Personenzug – fast ausschließlich für Touristen. Etwaige Pendler bevorzugen auf der Strecke den Bus oder das Auto, wenngleich jene Straße nochmal 100 Höhenmeter mehr aufbürdet, kostet die Fahrt nur einen Bruchteil des Zugtickets. Doch gerade dieser Zug bot mir einen bis dato unbekannt Luxus, den ich hier nicht erwartet hätte. Abgesehen von der Vollverpflegung, die man bequem liegend im Waggon verzehren konnte, meine ich damit vor allem den Terrassenwagen mit Bar samt gartis Pisco Sour (Cocktail aus Pisco, Eiweiß und Zucker). In aller Frühe trat ich an – an den Zug und an die Bar. Gemächlich schnauft die Lock durch einige Felder und Slums in genau die staubigen Wüstenberge, die ich vergangenes Wochenende mir AndexPeru erkundete. Freundlich winken uns die Leute zu und es scheint, als wäre der Zug nach fast 100 Jahren noch immer keine Alltagserscheinung. Selbst die Hunde sehen das stählerne Ungetüm noch als Eindringling in ihrem Revier und verfolgen es einige dutzend Meter mit Gebell. Einige mal hält der Zug – meist um Leute heraus zu lassen, doch auch wenn gerade einer der Zickzacks (Spitzkehren) anstehen und die Gleise scheinbar vor einem verschütteten Tunnel enden. Das alles und natürlich, die sich vor einem erhebenden Berge liessen sich wunderbar von der Terrasse beobachten.

Durch das Geruckel fiehl es manchmal schwer sein Getränk nicht zu verschütten oder gerade aus zu laufen. Ich war ja allein unterwegs und kam deshalb wieder schnell ins Gespräch mit den Fahrgästen. Wie ich feststellen musste, ist Lima kleiner als ich dachte, denn nicht all zu wenige Leute kannten meine Firma samt den Direktoren. Die zwölf Stunden Fahrt vergingen wie im Fluge und nach 300 Fotos fuhren wir auch schon am Zielort ein. Leider war es mitlerweile so spät, dass ich kein Sammeltaxi nach Huancavelica mehr bekommen konnte. Etwas angeekelt schritt ich durch die dreckigen und stinkenden Straßen Huancayos. Irgendwann hatte ich mein Hostel gefunden. Es hatte seinen Namen verdient, obwohl die viele Bürokratie nicht nötig gewesen wäre (Ausweiskopie, Quittung schreiben für jedes Getränk). Im Restaurant gegenüber traf ich die Holländerin, die mit mir das Zimmer teilte. Nach einem guten Salat hatte ich aber keinen Bock mehr auf großartige Gespräche und zog es vor, der Schwerkraft Kleinbei zu geben.